24 Forderungen der Diakonie an die Politik.
Hoffnung braucht dein Ja! Österreich braucht gute Ideen gegen die Krise: 24-mal Menschen Zukunft ermöglichen. 24-mal Ja!
Wir müssen die Armut bekämpfen, nicht die Armen: Wir brauchen mehr Prävention, Unterstützung bei Behinderung, mehr Soforthilfe, besseren Vollzug, Hilfe bei Krankheit und leistbare Wohnungen.
Wir brauchen eine neue Mindestsicherung, die Existenz, Chancen und Teilhabe sichert. Ziele eines modernen sozialen Netzes sollten sein: Grundrechte statt Almosen, Chancen statt Abstieg, sozialer Ausgleich statt Spaltung, Achtung statt Beschämung. Eine starke Mindestsicherung wäre ein solider Schutz gegen Armut. Die sozialen Probleme werden größer werden. Das zeigt, wie wichtig jetzt eine gute Mindestsicherung wäre, statt einer schlechten Sozialhilfe, die Menschen in Existenznöten und Notsituationen nicht trägt. Die Abschaffung der Mindestsicherung und das verabschiedete neue „Sozialhilfe-Grundsatzgesetz“ ist ein Rückschritt in der Armutsbekämpfung in Österreich. Das neue Gesetz verschärft bestehende Armutslagen, degradiert Betroffene erneut zu „Bittstellern“ und eröffnet neue Hürden und Unsicherheiten, mit denen Menschen in schwierigen Lebenssituationen konfrontiert werden
Eine neue Mindestsicherung muss
- effektive Soforthilfe,
- kürzere Entscheidungsfristen,
- Dienstleistungen und Alltagshilfen,
- Ausbildungsoptionen,
- Unterhaltsreform,
- gesetzliche Verankerung bei Krankheiten und
- den tatsächlichen Wohnbedarf umfassen.
Für viele Menschen sind die Barrieren sehr hoch, um die notwendige Hilfe zu bekommen. 30 Prozent bekommen nicht, was ihnen helfen würde. Diese „Non-Take-Up“ Quote ist am Land noch wesentlich höher als in den Städten. Wäre die Inanspruchnahme „vollständig“, würde die Armutsgefährdung in Österreich um fast 1% sinken, das hieße 60.000 Menschen weniger in Armut. Was den Unterschied macht, nämlich die Inanspruchnahme erhöht: Rechtssicherheit, Verfahrensqualität, Anonymität, bürgerfreundlicher Vollzug, Verständlichkeit, Information und De-Stigmatisierung der Leistung.
Es geht darum, Existenz und Chancen zu sichern, nicht Leute weiter in den Abgrund zu treiben.
Alle häufigen Fragen zur Mindestsicherung und aktuelle Studien nachlesen!
Schulen in sozial benachteiligten Bezirken sollen besonders gut ausgestattet werden, damit sie keine Kinder zurücklassen und für alle attraktiv bleiben. Europäische Beispiele zeigen – es funktioniert!
Mehr Mittel für sozial benachteiligte Schulstandorte mit vielen Schüler:innen aus Elternhäusern geringen sozialen Status: Das österreichische Schulsystem ist durch einen besonders starken Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolgen gekennzeichnet. Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Kinder können häufig schon aufgrund der Rahmenbedingungen nicht dieselbe Unterrichtsqualität gewährleisten wie besser gestellte Schulen. Die Niederlande, Zürich, Hamburg und auch Kanada haben mit einem Chancenindex gute Erfahrungen gemacht. Mit einem solchen Sozialindex, der unter anderem Bildungsstand, Beruf und Einkommen der Eltern umfasst, würde eine Schule um einen bestimmten Prozentsatz x mehr an Ressourcen bekommen.
Schulentwicklung - Von einander Lernen: Mehr Geld bedeutet aber nicht unbedingt, dass sie qualitativ besser werden. Deswegen muss jeder Standort ein Konzept entwickeln, wie er die Ressourcen am sinnvollsten einsetzt. Und nach einer Zeit wird überprüft ob die Maßnahmen helfen. Mit Bildungsstandards können sowohl das individuelle Leistungsniveau der Schüler:innen als auch das des gesamten Schulstandorts gemessen werden. Für den Erfolg zentral ist ein wertschätzendes, nicht-beschämendes Vorgehen. Persönliche Entwicklung des Kindes braucht das persönliche Vertrauensverhältnis wie auch das Fortkommen eines Schulstandorts. Öffentliche Rankings von Schulen beschämen die Schwächeren statt sie zu stärken - und vertiefen die Unterschiede. Zur Schulentwicklung ist es zielführender, wenn (von der Zusammensetzung der SchülerInnen) ähnliche Schulstandorte voneinander lernen. Dazu kann man mit den Bildungs- und Sozialdaten Cluster bilden, in denen Schulentwicklung passiert. Die Vorteile sind: Schulische Autonomie und Demokratie wird gefördert und Anreize für engagierte Pädagogen gesetzt. Das zahlt sich aus: Bessere Leistungen, mehr Chancen und attraktivere Schulen.
Es müssen rasch kleinräumige und innovative Pflege- und Betreuungsangebote ausgebaut werden. Damit wird das Dienstleistungsangebot so bunt wie die Bedürfnisse der Menschen.
Mit „SING – Seniorenarbeit innovativ gestalten“ bringt die Diakonie ein umfassendes neues Dienstleistungs- und Finanzierungskonzept, das die Person mit Pflegebedarf und ihre Wahlfreiheit ins Zentrum stellt, in die Diskussion über die Zukunft der Pflegelandschaft ein. SING ist kein konkretes Dienstleistungsangebot, vielmehr kann es als Gesamtlogik die Basis sein für zahlreiche konkrete Maßnahmen, wie die Umsetzung umfassender Beratung, den Ausbau der mobilen Versorgung oder der Attraktivierung der Pflegeberufe.
SING baut auf drei Prinzipien auf:
- Autonomie: Personen mit Pflegebedarf werden in die Lage versetzt, Mitverantwortung für die Gestaltung ihres Pflegesettings zu übernehmen: durch transparente Information, individuelle Beratung und entsprechende finanzielle Ressourcen.
- Welfaremix: Die Versäulung von mobil und stationär wird aufgebrochen, Dienstleistungsangebote werden vielfältiger. SING verabschiedet sich von einer zentralen und normierten Angebotsplanung im Voraus und setzt auf kleinräumige, bedürfnisgerechte und flexible Entwicklung von Pflege- und Betreuungsdienstleistungen.
- Sozialraumorientierung: SING nutzt Ressourcen im Sozialraum und arbeitet eng vernetzt mit lokalen Partnern, Angehörigen und freiwillig Engagierten.
Umgesetzt werden diese Prinzipien zum einen durch einen sogenannten Autonomiebeitrag und zum anderen durch PflegelotsInnen: PflegegeldbezieherInnen wandeln einen Teil ihres Pflegegeldes in einen sachleistungsbezogenen Autonomiebeitrag um und beziehen damit Dienstleistungen, die ihnen ermöglichen, weiterhin zu Hause zu leben. Das restliche Pflegegeld bleibt zur persönlichen Verfügung. PflegelotsInnen überlegen mit den KlientInnen, wie sie leben wollen, welche Unterstützung sie dafür brauchen und welche Dienstleistungen es gibt. Darüber hinaus erheben die PflegelotsInnen die Bedarfe ihrer KlientInnen und leiten diese an Sozialorganisationen weiter, die gefordert sind, passende Angebote zu entwickeln und bereit zu stellen.
Lösung:
- Um die Potenziale von SING ausloten und weiterentwickeln zu können, schlägt die Diakonie als eine konkrete Maßnahme im Rahmen der Pflegereform die Finanzierung eines SING-Pilotprojektes in einer Modellregion mit ca. 40.000 bis 50.000 EinwohnerInnen über drei Jahre, inklusive wissenschaftlicher Evaluation, vor.
Jugendliche mit schwieriger Lebensgeschichte brauchen Begleitung über das 18. Lebensjahr hinaus. Wir wissen aus anderen europäischen Ländern, dass diese Begleitung stark präventiv wirkt und Abstürzen vorbeugt.
Aktuell wird in Österreich nur ein kleiner Teil der Maßnahmen der „vollen Erziehung“ der Kinder- und Jugendhilfe nach dem 18. Geburtstag verlängert. Dabei schwanken die Zahlen von Bundesland zu Bundesland. Die jungen Erwachsenen tragen ein erhöhtes Risiko, an den Hürden des Erwachsenwerdens zu scheitern.
Die Diskriminierung der sogenannten „Care Leaver“ ist kein österreichspezifisches Problem, doch in anderen Ländern hat man bereits reagiert: In Norwegen geht die staatliche Unterstützung bis zum Alter von 24 Jahren. In Deutschland können die Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe bis 26 verlängert werden, bis 21 kann man neu in eine Unterstützung hineinkommen. In Großbritannien muss zwei Jahre nach Beendigung der Maßnahme der/die Jugendliche aktiv kontaktiert werden, um zu sehen, ob Unterstützungsbedarf besteht. Jugendliche mit schwieriger Lebensgeschichte brauchen Begleitung und Betreuung über das 18. Lebensjahr hinaus. Auch in einer Familie endet die Sorge und Unterstützung nicht einfach mit dem achtzehnten Geburtstag. Diese Begleitung wirkt stark präventiv und beugt Abstürzen vor.
Um ein Grätzl oder ein Wohnquartier in Schwung zu bringen, braucht es Personen, die das anstoßen und koordinieren. Wir brauchen sozialraumorientierte Projekte, Nachbarschaftshilfe und Community-Arbeit, die gezielt gefördert und finanziert werden.
In Österreich klagen rund 10% der Bevölkerung über Einsamkeit. Die aktuellen Krisen haben die Einsamkeit vieler Menschen noch erhöht. Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung in Bund, Ländern und Gemeinden, um gute Nachbarschaft zu fördern und Einsamkeit zu verringern. Die Diakonie schlägt deshalb die Entwicklung einer Bundesstrategie gegen Einsamkeit und ein koordiniertes Maßnahmenpaket vor, das Grätzelinitiativen, sozialraumorientierte Projekte, Nachbarschaftshilfe und Community-Arbeit gezielt fördert und finanziert. Dabei geht es darum, Menschen zusammen zu bringen, die sich gegenseitig unterstützen. Im Mittelpunkt muss die Stärkung und Teilhabe der Bewohner:innen stehen: „Tue alles dafür, dass Menschen können, was sie tun wollen“, ist das Motto der Diakonie in allen sozialraum-orientierten Initiativen, in denen sie sich für gute Nachbarschaften engagiert, damit niemand alleine gelassen wird. Damit Menschen miteinander ins Gespräch und ins Tun kommen.
Dafür braucht es:
- Raumplanerische und städtebauliche Konzepte für barrierefreie und kurze Wege sowie öffentliche Flächen für Erholung und Begegnungen.
- Wohnbaukonzepte, die das soziale Miteinander und nachbarschaftliche Initiativen fördern.
- langfristige Investitionen in Gemeinwesenprojekte und Nachbarschaftsarbeit, die Mitbestimmung fördern, nachhaltige Vernetzungsstrukturen aufbauen und Menschen dabei begleiten Unterstützung in der Nachbarschaft zu finden.
- mehr Mittel für Community Arbeit und Sozialraumkonzepte in der Pflege, Familienhilfe oder in der Begleitung von Menschen mit Behinderung.
Alle Kinder verdienen gute Bildung. So können sie zu selbstbestimmten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten werden. Aber für Kinder mit Behinderungen gibt es noch immer viele Hürden.
Zum Beispiel warten viele Kinder mit Behinderungen vergeblich auf einen Kindergartenplatz. Selbst im verpflichtenden Kindergartenjahr gibt es nicht genügend inklusive Plätze. Damit verlieren sie wichtige Chancen auf Bildung. Auch für die Familien, zumeist Frauen, bedeutet die fehlende Kinderbetreuung, dass sie nicht oder nur eingeschränkt arbeiten können.
Ab der Schulpflicht wird es nicht überall besser. Zum Beispiel fehlt es in den Schulen und Horten an inklusiven Nachmittagsbetreuungsangeboten (z.B. schulische Nachmittagsbetreuung, Hort etc.) und für viele Jugendliche mit Behinderungen endet die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, nach der 10. Schulstufe. Das ist beschämend!
Bildung ein Menschenrecht und Kinder mit Behinderungen dürfen keine schlechteren Bildungschancen haben. Es fehlt an finanziellen Mitteln für Inklusion und es braucht dringend eine klare Haltung, die das einzelne Kind und seine Bildung ins Zentrum rückt.
Lösung:
- Streichung der Unzumutbarkeitsregelung beim verpflichtenden Kindergartenjahr, so dass auch Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Kindergartenpflicht mitaufgenommen werden.
- Ausweitung von inklusiven Betreuungsangeboten, auch am Nachmittag!
- Inklusive Bildung darf nicht mit der 10. Schulstufe enden! Inklusion muss auf die Sekundarstufe II ausgeweitet werden.
- gezielte und verstärkte Förderung inklusiver Angebote und unbedingte Vorgaben zur Inklusion in allen Finanzierungsabkommen und Zielsetzungen, auf Ebene des Bundes, des Länder, und Gemeinden.
- Erhebung der statistischen Gesamtsituation von integrativer Kinderbetreuung (vorschulisch und schulisch) mit Fokus auf Kinder mit Behinderungen
Investitionen in soziale Dienstleistungen wirken positiv auf die Konjunktur und helfen Menschen in ihrem alltäglichen Leben. Investitionen in die Gesundheitsförderung und in eine gesunde Umwelt helfen Krankheiten präventiv zu verhindern. Österreich nutzt diese Möglichkeiten noch zu wenig.
Kinderbetreuung, Pflege im Alter und Hospizdienste helfen allen. Sie entlasten pflegende Angehörige und Eltern, sie schaffen Jobs, auch in wirtschaftlich schwachen Regionen und sie unterstützen Menschen mit Pflegebedarf. Damit werden Angehörige entlastet, die wiederum ihrem Beruf nachgehen und einen Beitrag in anderen Wirtschaftszweigen leisten können.
Der Gesundheits- und Sozialbereich ist ein wachsender und zugleich stabilisierender Sektor für die österreichische Wirtschafts- und Sozialpolitik. Obwohl dieser Sektor krisen-unabhängig großes Beschäftigungspotential birgt, wird dieses noch zu wenig genutzt. In Österreich arbeiten hier nur etwa 10 % der gesamten Beschäftigten, in den nordischen Staaten bis zu 20 %. Um einen Ausbau des Sektors zu ermöglichen, braucht es mehr Investitionen in Ausbildungen und bessere Rahmenbedingungen, um Menschen in diesem Sektor zu halten.
Der Inflation und den multiplen Krisen der letzten Jahre muss mit Investitionen in soziale Dienstleistungen begegnet werden, um soziale Folgen zu mindern:
- Fixe Verankerung eines „Social Investment Package“ in EU- wie nationalen Hilfsmittel zur Bewältigung der Folgen der Covid-19 Pandemie.
- Ausbau der Kinderkrippen und Angebote für die Betreuung vor allem für die unter 2jährigen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu erhöhen
- Aufnahme von Sozialberufen in die Liste der Mangelberufe für erleichterte Arbeitsmarktbestimmungen sowie Vereinfachung der Anerkennung von Ausbildungen aus dem Ausland.
- Berücksichtigung von Wertsteigerungen und Inflationsanpassungen bei Leistungsverträgen und Tagsatzvereinbarungen zwischen der öffentlichen Hand und Dienstleistungserbringern.
- Bindende Anerkennung der kollektivvertraglichen Einigungen (Finanzierung der ausgehandelten Lohnergebnisse zwischen Gewerkschaften und Dienstleistungserbringern).
Angebote für Menschen mit hohem Pflege- und Unterstützungsbedarf müssen soziale Teilhabe und Selbständigkeit ermöglichen.
Angebote im Bereich der Betreuung und Pflege von Menschen im Alter und Menschen mit Behinderungen, stecken oftmals noch im vorigen Jahrhundert. Noch immer werden große Einrichtungen gebaut, teils fernab von dort, wo das Leben passiert. Möglichst viele Bedürfnisse sollen in der Einrichtung erfüllt werden. Die Folge ist, dass Bewohner:innen kaum am sozialen Leben außerhalb der Einrichtung teilnehmen können.
Aber auch für Menschen im Alter und Menschen mit Behinderungen, die in den eigenen vier Wänden wohnen, ist es die Regel, dass Dienstleister:innen ins Haus kommen. Während das aus Effizienz- und Organisationsgründen sinnvoll erscheinen mag, geht dabei viel verloren: allen voran Alltagskontakte mit anderen Menschen und ein Teilnehmen an und Wahrgenommenwerden in der Gesellschaft.
Menschen mit Unterstützungsbedarf sollten eingeladen werden, möglichst viele Angebote außerhalb der Wohnung zu nutzen. Natürlich braucht es dafür entsprechende Rahmenbedingungen, aber häufig ist im Wohnumfeld viel Potenzial vorhanden, das nur genutzt werden muss.
In den letzten Jahren gewinnt der Begriff der Sozialraumorientierung an Bedeutung. Gemeinsam mit Betroffenen wird versucht, die Nachbarschaft so zu gestalten, dass ein gutes Leben mit viel Autonomie möglich wird. Hier geht es nicht nur um Pflege- und Betreuungsangebote, sondern auch darum Alltagserledigungen und Freizeitgestaltung zu ermöglichen. Das kann zum Beispiel bedeuten, den Weg zum nächsten Geschäft barrierefrei zu gestalten, oder ein tägliches, gemeinsames Mittagessen zu organisieren, anstatt über Essen auf Rädern Menschen zu beliefen, die dann alleine in ihren Wohnungen essen.
Lösungen:
- Partizipationsmöglichkeiten für Menschen mit Pflege- und Untersützungsbedarf schaffen
- Angebote schaffen, die die Gemeinschaft fördern (z.B. gemeinsames Mittagessen, Kartenrunden)
- Ausbau von Angeboten in Wohnortnähe
- Vernetzung von Organisationen, Dienstleister:innen und Freiwilligen in der Nachbarschaft
- Entwicklung hin zu Caring Communities
- Mobilitätsmöglichkeiten schaffen (z.B. selbstorganisierte Transportdienste, Mitfahrbankerl)
- Begegnungsräume schaffen (z.B. konsumfreie Gemeinschaftsräume)
- Orientierung an den Ressourcen der Betroffenen und die Frage wie diese die Ressourcen einbringen können
- Bestehende Projekte wie die Community Nurses in die Sozialraumgestaltung einbinden
Mehr als 130.000 Menschen sind von Demenz betroffen. Sie brauchen niederschwellige Beratung und Begleitung, sowie flexible Wohn- und Betreuungsangebote und umfassend geschultes Personal.
Prognosen besagen, dass sich im Jahr 2050 die Menschen, die von einer Demenzerkrankung betroffen sein werden, verdoppeln. Die Umsetzung der Demenzstrategie muss im Rahmen der Pflegereform vorangetrieben und langfristig finanziert werden! Im Mittelpunkt steht dabei die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen.
Nach wie vor sind demenzspezifische Angebote sozialer Dienstleistungen mangelhaft verfügbar, entsprechende Themen in den Aus- und Weiterbildungsinhalten der Pflege- und Betreuungsberufe nicht ausreichend verankert. Ein Drittel aller PflegegeldbezieherInnen haben Demenz. Bei der Einstufung zum Pflegegeld in Österreich liegt der Schwerpunkt jedoch auf körperlichen und medizinischen Aspekten. Der demenzbedingte Betreuungs- und Unterstützungsbedarf wird in einem zu geringen Ausmaß berücksichtigt. Durch den Demenzzuschlag (45 Stunden erhöhter Pflegebedarf pro Monat) kann jener Bedarf nicht gedeckt werden kann.
Die österreichische Demenzstrategie beinhaltet sehr gute Vorschläge, wie die Situation von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen in Österreich verbessert werden kann. Für die einzelnen Maßnahmen der Demenzstrategie ist jedoch weder eine Finanzierung noch eine konkrete Zuständigkeit zur Umsetzung vorgesehen, sodass die Umsetzung derzeit nur in geringem Ausmaß passiert.
Lösung:
- Umfassende Umsetzung der Maßnahmenvorschläge zur Demenzstrategie des Bundes, mit entsprechender Bereitstellung finanzieller Mittel
- Schwerpunktsetzung beim Ausbau von demenzspezifischen Pflegeangeboten auf Tageszentren und innovative, kleinräumige Wohn- und Betreuungsformen
- Erarbeitung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes, um psychische und physische Erkrankungen und Beeinträchtigungen besser zu erfassen (Vorbild: Deutschland), und damit verbunden passgenauere Einstufung zum österreichischen Pflegegeld
- Sensibilisierung und Bereitstellung von Informationen für die allgemeine Bevölkerung, um soziale und gesellschaftliche Inklusion von Menschen mit Demenz zu gewährleisten.
- Erweiterung der Ausbildungsinhalte der Gesundheits- und Sozialberufe bzw. Anbieten von Spezialisierungen und Weiterbildungen, um kompetenten Umgang mit demenzkranken Menschen sicherzustellen
Es braucht eine Verbesserung der Rahmenbedingungen – allen voran braucht es mehr Zeit, um gute Pflege und Betreuung leisten zu können. Von einer Attraktivierung des Pflegeberufs profitieren auch Menschen mit Pflegebedarf und deren Angehörigen.
Bis 2030 brauchen wir 100.000 zusätzliche Pflege- und Betreuungspersonen. Um Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen und bestehende Pflegepersonen zu halten, muss man an verschiedenen Hebeln ansetzen.
Lösung:
- Österreichweit einheitliche Berechnung der Personalschlüssel und Anpassung der Personalschlüssel (und dementsprechend der Tagsätze) an den tatsächlichen Pflegeaufwand
- Verrechnung von Maßnahmen zur Psychohygiene und Qualitätssicherung (z.B. Teamsitzungen, Supervision, Fallkonferenzen, Praktikumsbegleitung, etc.) in der mobilen Pflege und Betreuung
- Ausbildungen: Informationen aus einer Hand zu Ausbildungszugängen und Fördermöglichkeiten
- Qualitätssicherung von AMS-Beratungen zum Um- und Einstieg in einen Pflege- oder Sozialbetreuungsberuf
- Gehobener Dienst: Förderungen von Spezialisierungsangeboten und Masterstudien
- Zusätzliche Stunden für die Begleitung von Praktikant:innen und Berufseinsteiger:innen Finanzierung der Praktikumsbegleitung durch die öffentliche Hand
- Ausweitung der (Vor-)Qualifizierungsprogramme für Menschen mit Migrationshintergrund
- Vereinfachung der Nostrifizierung/Anerkennung von Pflegeausbildungen aus dem Ausland und Übernahme der Kosten für Ergänzungskurse
- Automatische Vergabe der Rot-Weiß-Rot Karte an Drittstaatsbürger: innen, die eine österreichische Pflege- und Sozialbetreuungsausbildung absolviert haben
- Anpassung der Kompetenzen und Aufgabenbereiche der Pflegfachassistenz an den Langzeitpflegebereich
Der Zugang zu Psychotherapie muss erleichtert, Therapie- und Beratungseinrichtungen und psychosoziale Notdienste außerhalb der Ballungszentren sollen ausgebaut werden.
Im Laufe eines Jahres hat jeder fünfte Mensch in Österreich eine psychische Erkrankung wie Depression oder Angststörung, zeigen neue, wissenschaftliche Umfragedaten. Insgesamt sind 1, 2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher von einer psychischen Erkrankung betroffen. Die - kassenfinanzierten -Therapieangebote für Betroffene reichen aber nicht aus, beziehungsweise sind in einigen Bereichen wie etwa der klinisch-psychologischen Behandlung nicht vorhanden. In der Versorgung gibt es ein starkes Stadt-Land Gefälle.
Seelische Erkrankungen sind - anders als viele andere - leise, still und oft nicht sichtbar. Viele Betroffene fühlen sich allein gelassen und leiden unter dem großen Stigma, mit dem psychische Erkrankungen noch immer belegt sind.
Das Nicht-Handeln hat auch volkswirtschaftlichen Kosten: Psychische Erkrankungen und ihre Folgen kosten bis zu 12 Milliarden Euro jährlich - ein großer Teil davon könnte durch eine bessere Prävention und Versorgung eingespart werden.
Das staatliche Betreuungssystem für Schutzsuchende ist in die Jahre gekommen. Es muss krisenfest gemacht werden, sodass es mit schwankenden Zahlen von Asylsuchenden besser zurechtkommt.
Es braucht daher eine grundlegende Reform des Grundversorgungssystems. Die derzeitige Konstruktion, die über eine Bund-Länder-Vereinbarung (Staatsvertrag Art 15A BVG) im Jahr 2004 geschaffen wurde, hat sich als wenig krisenfest erwiesen. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Unsichere Finanzierung: Die Finanzierung über ein reines Tagsatzmodell ist ungeeignet, weil damit keine Quartiere auf Standby gehalten werden können. Zudem gibt es keine jährliche Valorisierung. Zwischen den letzten Valorisierungen lagen sieben Jahre. Die Anpassung des Jahres 2022 wurde bereits von der Inflation aufgefressen noch bevor sie in Kraft getreten ist. Das macht es Träger:innen unmöglich, ausreichend Quartierplätze anzubieten.
- Die zentrale Forderung ist hierzu die Umstellung auf eine Realkostenfinanzierung.
Die Grundlage einer Realkostenabgeltung müssen jedoch verbindliche Qualitätskriterien sein, anhand derer die Anbieter von Grundversorgungsquartieren die Kalkulation ihre unterschiedlichen Leitungen (Unterbringung, Verpflegung und Betreuung in Quartieren für Familien und Einzelpersonen, Mobil Betreutes Wohnen, Quartiere für vulnerable Personen, wie Menschen mit erhöhtem Betreuungsbedarf) jährlich vorlegen und danach entsprechend abrechnen. - Zusätzlich sollte ein Betreuungsmodell geschaffen werden, das es ermöglicht Menschen entsprechend ihres Betreuungsbedarfes in geeigneten Quartieren unterzubringen. Hier gibt es derzeit viel zu wenig Sensibilität. Ein ausführliches Aufnahmegespräch mit medizinischem und sozialarbeiterischem Fachpersonal würde das ermöglichen.
Die Abschätzung gesundheitlicher Wirkungen (Health Impact Assessment) von politischen Maßnahmen könnte uns viel an möglichen negativen Folgen ersparen.
Fast jeder Politikbereich hat auch Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung. In gesellschaftlichen Bereichen wie z.B. Bauen, Verkehr, Arbeit-, Bildung und Wirtschaft wird über Gesundheit (mit-)entschieden, ohne dass dies den beteiligten Akteuren und Akteurinnen in vollem Umfang bewusst sein muss. Durch ein Health Impact Assessment werden gesundheitliche Konsequenzen erkennbar und können in Entscheidungsprozesse einbezogen werden.
Health Impact Assessment ist eine Kombination aus Verfahren, Methoden und Werkzeugen zur Vorhersage und Einschätzung von positiven und negativen gesundheitlichen Folgen auf betroffene Bevölkerungsgruppen, die durch Vorhaben unterschiedlichster Art entstehen können. Gesundheit Österreich (GÖG) hat dazu bereits internationale best practice gesammelt und auch ein Verfahren für Österreich entwickelt.
Health Impact: gesundheitliche (Aus-)Wirkungen, d.h. Konsequenzen für die Gesundheit, die sich aus bestimmten Handlungen und Vorhaben ergeben. Die Wirkungen können nützlicher oder schädlicher Natur sein. Impact Assessment: die Vorhersage oder Schätzung der Konsequenzen einer geplanten, laufenden oder abgeschlossenen Maßnahme.
Rund 63.000 Menschen in Österreich sind in ihrer Kommunikation eingeschränkt und benötigen Hilfsmittel zum Kommunizieren. Es braucht daher einen Rechtsanspruch auf Assistierende Technologien und Unterstützte Kommunikation. Damit niemand sprachlos gemacht wird!
Damit Personen mit Einschränkungen in der Lautsprache ihr Recht auf Kommunikation ausüben und möglichst selbstbestimmt leben können, brauchen sie unterschiedliche assistierende Hilfsmittel:
- einfache elektronische Hilfsmittel (wie Taster) oder auch nicht-elektronische Hilfsmittel
- komplexe elektronische Kommunikationsgeräte (wie Augensteuerung)
- Hilfsmittel für den Zugang zum Computer (Mundmaus, Halterungen)
- Spezialsoftware (z.B. zur Sprachausgabe)
Aber der Weg zum passenden Hilfsmittel ist in Österreich kompliziert, unübersichtlich und langwierig:
- es existiert kein Rechtsanspruch
- viele unterschiedliche Ämter und Institutionen auf Landes- und Bundesebene sind involviert
- trotzdem werden die Kosten für das Hilfsmittel oft nur teilweise übernommen.
Dass die Antragsstellung so komplex ist und entsprechend lange braucht, stellt für Betroffene ein Problem dar. Denn jeder Tag, an dem Kommunikation nicht gelingt, ist zu lange. Mit dem Kauf des Hilfsmittels warten die Betroffenen zumeist auf die Entscheidung der fördernden Stellen, da manche Stellen keinen Zuschuss gewähren, wenn das Hilfsmittel bereits angeschafft wurde. Aus diesem Grund kann die Entscheidung für die Betroffenen und ihre Angehörigen zu spät erfolgen, z.B. bei progressivem Krankheitsverlauf.
Zwischenmenschliche Kommunikation ist ein lebensnotwendiges Grundbedürfnis und der wichtigste Baustein zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft.
Es braucht:
- Einen Rechtsanspruch auf Hilfsmittel, insbesondere auch für Hilfsmittel der sozialen Rehabilitation.
- Gesicherte Finanzierung von Hilfsmitteln und Heilbehelfen in ganz Österreich. Vorgeschlagen wird eine Drittelfinanzierung der Hilfsmittel über einen Fonds, der von Bund, Ländern und Sozialversicherungen getragen wird.
- Anlaufstellen in allen Bundesländern, die von Beratung, Abgabe der Hilfsmittel und Heilbehelfe bis hin zur Evaluation zentral und qualitativ hochwertig unterstützen. Damit kann die Abgabe von Hilfsmitteln vereinfacht und bürokratische Hürden abgebaut werden.
Der Personalmangel in den österreichischen Kindergärten macht sich schon seit längerem bemerkbar. Überlastete Pädagog:innen und Assistent:innen machen auf die Problematik aufmerksam.
Weitere Ausbildungsinitiativen und österreichweite Ausbildungen für Assistenzpersonal sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. Ebenso die Reduzierung der Gruppengröße und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Personal könnten die Attraktivität des Berufs fördern.
Auch im Bereich der inklusiven Elementarpädagogik fehlt es an Personal. 2019 waren 250 Kinder auf der Warteliste für einen inklusiven Kindergartenplatz (Quelle MA10). Es ist daher dringend erforderlich, eine umfassende Bildungsoffensive für Fachkräfte im Bereich der (inklusiven) Elementarpädagogik zu starten. Nur durch eine solche Offensive kann einerseits der bestehende Personalmangel behoben und andererseits die Qualität in elementarpädagogischen Einrichtungen verbessert werden.
Besonders für Familien mit weniger Einkommen müssen wir eine gute Begleitung und „frühe Hilfen“ sicherstellen. Sie sind das erste Glied in einer Kette von Prävention und Unterstützung.
„Frühe Hilfen“ zielen darauf ab, Entwicklungsmöglichkeiten und Gesundheitschancen von Kindern und Eltern in Familie und Gesellschaft frühzeitig und nachhaltig zu verbessern. Neben alltagspraktischer Unterstützung wollen „Frühe Hilfen“ insbesondere einen Beitrag zur Förderung der Elternkompetenzen von (werdenden) Müttern und Vätern leisten. Sie zielen des Weiteren auf eine Verhinderung bzw. Reduktion von Entwicklungsstörungen, -verzögerungen und Krankheiten. Damit tragen sie maßgeblich zum gesunden Aufwachsen von Kindern bei und sichern deren Rechte auf Schutz, Förderung und Teilhabe.
Frühe Hilfen sind das erste Glied in einer Kette der Unterstützung für Kinder. “Präventionsketten” dienen der besseren Betreuung, Förderung und Entwicklung von Kindern. Man setzt bei den Lebensphasen und Entwicklungsherausforderungen des Kindes an und baut die Unterstützungsmaßnahmen begleitend auf. Es geht im Kern darum, Unterstützungsnetze zu mobilisieren, die sozialstaatlich, institutionell, in der Gemeinde und der Community zu finden sind.
Literaturtipp: kinderstärken.jetzt
Alle Kinder, die ohne Eltern aufwachsen müssen, brauchen die gleiche Aufmerksamkeit. Allen Jugendlichen soll daher am Tag ihrer Ankunft in Österreich eine obsorgeberechtigte Person zur Seite gestellt werden. Ihre Unterbringung muss den Standards der Kinder- und Jugendhilfe entsprechen.
Deshalb: Raus aus der Mangelverwaltung der Grundversorgung und Obsorge durch die Jugendämter ab dem 1. Tag!
- Faire, zügige und kindgerechte Asylverfahren für Unbegleitete geflüchtete Kinder sind nach wie vor nicht ausreichend gewährleistet. Die gesetzliche Vertretung wird oft nur mangelhaft wahrgenommen.
- Sie werden in Bundesbetreuungsquartieren untergebracht, die weder in baulicher Hinsicht, noch in Bezug auf die Betreuungssituation den Qualitätsstandards der österreichischen Kinder- und Jugendhilfe entsprechen.
- Der Zugang zu Lehre, Ausbildung und höherer Schulbildung ist während des Asylverfahrens sehr schwierig und muss für geflüchtete Kinder erleichtert werden.
Arbeiten bedeutet eingegliedert sein in die Gesellschaft, sinnvolle Beschäftigung haben und persönliche Entwicklung. Doch Arbeit bedeutet auch finanzielle Absicherung. Dies muss möglich sein, egal wie viel Unterstützungsbedarf Menschen haben!
Menschen mit Behinderungen können und wollen arbeiten. Und inklusives Arbeiten gelingt, wenn die notwendige Unterstützung vor Ort, angepasst an die Bedürfnisse der einzelnen Person gesichert ist. Doch wie schwierig es ist, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, bleibt bestehen. So ist zum Beispiel die Arbeitslosigkeit unter Menschen mit Behinderungen noch immer stärker verbreitet als bei Menschen ohne Behinderungen. 10,3% der erwerbstätigen Personen in Österreich haben eine Behinderung. Unter den arbeitslosen Personen sind jedoch 30,8% Menschen mit Behinderungen.
Es gibt viele Hindernisse für einen inklusiven Arbeitsmarkt, die es zu beseitigen gilt. Zum Einen ist dies die lebenslange Einstufung als „arbeitsunfähig“. Diese Feststellung muss aufgehoben werden und insbesondere am Übergang von der Schule in den Beruf beseitigt werden.
Außerdem müssen Unterstützungsleistungen aus den unterschiedlichen Bundes- und Landesgesetzen individuell darauf ausgerichtet sein, dass Teilhabe an einem inklusiven Arbeitsmarkt von Menschen mit Behinderungen gelingen kann. Dafür braucht es jedenfalls auch eine einheitliche Finanzierung aller Maßnahmen zur inklusiven Teilhabe am Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen.
Menschen mit Behinderungen muss es möglich sein, verschiedene Arbeitsstellen auszuprobieren und auch wieder auf den geschützten Bereich zurückzugreifen. Daher sind mögliche Übergänge zwischen Tagesstrukturen/Werkstätten und dem allgemeinen Arbeitsmarkt flexibel und in alle Richtungen durchlässig gestaltet werden.
Zudem braucht es einen Rechtsanspruch auf die notwendigen Unterstützungsleistungen, die es Menschen mit Behinderungen ermöglichen, am Arbeitsmarkt teilzuhaben und entsprechend ihrer Fähigkeiten zu ihrem Einkommen beizutragen, ist notwendig.
Inklusion ist ein grundlegend für eine funktionierende, demokratische Gesellschaft. Und Teilhabe am Arbeitsleben ist ein Menschenrecht.
Es braucht:
- Abdeckung des individuellen Unterstützungsbedarf zur beruflichen Teilhabe.
- Übergänge zwischen Tagesstrukturen/Werkstätten und dem allgemeinen Arbeitsmarkt müssen flexibel und durchlässig gestaltet sein – in beide Richtungen!
- Lohn statt Taschengeld: Umwandlung der Beschäftigungen in Tagesstrukturen/Werkstätten zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen.
Flüchtlinge brauchen viel Unterstützung bei Spracherwerb, Arbeitsmarktintegration und vor allem bei der Wohnungssuche. Integrationshemmend sind hingegen ständige Strafandrohungen und Zwang. Eine gute individuelle Begleitung nimmt die mitgebrachten Begabungen und Kompetenzen wahr und unterstützt bei deren Entfaltung.
Oft stehen die mit Sanktionen belegten Anforderungen an die Betroffenen nicht die entsprechenden Angeboten gegenüber. Zudem wirken sich Sanktionen auf Flüchtlinge, die aufgrund ihrer sozialen (z.B. AlleinerzieherInnen) oder gesundheitlichen Situation weniger leistungsfähig sind, kontraproduktiv aus und können damit sogar integrationshemmend sein. Kürzungen des Lebensunterhaltes (Sorge um das tägliche Überleben) führen in die Isolation und verhindern damit eher die Teilnahme an Integrationsangeboten.
Die Integrationspolitik darf den Zugang zu menschenwürdigem und erschwinglichem Wohnen genauso wenig aussparen, wie eine ausreichende Sozialhilfe/Mindestsicherung, die armutsbetroffene Frauen, Männer und Kinder vor extrem prekären Lebensverhältnissen bewahrt.
Lösung:
- Neu Ankommende benötigen ein individualisiertes Betreuungs- und Unterstützungssystem. Die Menschen sollen von Integrations-Coaches begleitet und in die für sie passenden Integrationsangebote vermittelt werden. „Zentral wäre hierbei eine gute Kooperation mit der Wirtschaft, damit Arbeitserfahrungen unter realen Bedingungen erprobt werden können
- Die Vermittlung von Orientierungswissen sowie Menschenrechtsbildung und politische Bildung darf nicht allein auf „Wertekurse“ reduziert
- Menschenwürdiges und erschwingliches Wohnen muss sichergestellt werden
- Eine ausreichende Sozialhilfe/Mindestsicherung muss gewährt werden, um armutsbetroffene Frauen, Männer und Kinder vor extrem prekären Lebensverhältnissen zu bewahren.
- Kinder und Jugendliche sollten bis 18 Jahre eine Ausbildungspflicht und bis 25 Jahre ein Bildungsrecht haben und in der Bildung Chancengleichheit unabhängig von sozialer oder ethnischer Herkunft sichergestellt sein.
Mietpreise sind in den letzten Jahren – vor allem in den Städten, wie Salzburg, Innsbruck und Wien – derart in die Höhe geschossen, dass viele kaum noch leistbaren Wohnraum finden. Prekäre Wohnverhältnisse und versteckte Wohnungslosigkeit sind dadurch angestiegen.
Niedrige Einkommen und teures Wohnen, das passt nicht zusammen. Was es braucht:
- Investitionen in den sozialen Wohnbau, da gibt es in vielen Teilen Österreichs noch großen Aufholbedarf. Auch die Flächenwidmung muss mithelfen, günstigen Boden für sozialen und gemeinnützigen Wohnbau zur Verfügung zu stellen.
- 25.000 leistbare, dauerhafte und inklusive Wohnungen aus dem Bestand. Das kann die Obdachlosigkeit in Österreich abschaffen.
- Delogierungsprävention flächendeckend ausbauen. Wohnungssicherung ist die bessere Alternative zur Straße.
- Eine neue Mindestsicherung statt der schlechten „Sozialhilfe“, die Menschen im Regen stehen lässt, sanieren und reformieren
- Soziale Menschenrechte, das Recht auf Wohnen, soll die Verfassung vervollständigen. Den Grundrechtekatalog zu erweitern, steht auch im Regierungsprogramm.
Hilflose Menschen werden auf dem Meer ausgesetzt oder brutal über Grenzen geprügelt. Die Rettung von Menschenleben muss höchste Priorität haben. Faire Asylverfahren können nur auf europäischem Boden stattfinden.
Nur ein Bündel von Maßnahmen, welche legale Einreisemöglichkeiten eröffnen, kann auch Sicht der Diakonie dazu beitragen, dass weniger Todesopfer im Mittelmeer und an den Außengrenzen zu beklagen sind.
Lösungen:
- Humanitäre Korridore: Täglich ereignen sich humanitäre Tragödien an Europas Außengrenzen, die rasche Hilfe erfordern. Österreich darf dabei nicht weiter wegschauen. Es braucht daher Instrumente, die eine rasche Rettung und Aufnahme zulassen. Die Diakonie schlägt daher vor humanitäre Korridore für besonders schutzbedürftige Personen zu öffnen. Diesen soll aufgrund humanitärer Kriterien die Einreise mittels Visum gestatten werden.
- Visaerleichterungen: Aus Sicht der Diakonie ist es darüber hinaus auch notwendig, dass Österreich Visaerleichterungen in Kriegsgebieten gewährt und so eine unbürokratische Möglichkeit zur sicheren und legalen Einreise etwa für Familienangehörige von bereits in Österreich lebenden Verwandten schafft.
- Relocation, Resettlement, Evakuierung: Österreich sollte aus Sicht der Diakonie seiner humanitären Verpflichtung nachkommen und sich gemeinsam mit andren Staaten bereit erklären ebenfalls aus Seenot Gerettete im Rahmen des Relocation Programmes aufnehmen. Der Zustand in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln ist unhaltbar. Europa muss hier gemeinsam handeln und Asylsuchende aus Griechenland aufnehmen. Darüber hinaus sollte das UNHCR geführte Evakuierungsprogramm aus den libyschen Lagern nach Niger durch die Aufnahme von Flüchtlingskontingenten dringend unterstützt werden. Österreich darf nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen in Libyen gefoltert, vergewaltigt und versklavt werden.
Die Regierung muss ihrer Verpflichtung nachkommen, die Mittel in der Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7% des BIP zu erhöhen. Österreich ist weiterhin unter den Schlusslichtern der Europäischen Union! Das 0,7 % Ziel muss gesetzlich abgesichert werden - und in einem Stufenplan dargestellt sein, wie und wann Österreich dieses Ziel erreicht.
Aktuell wächst in vielen Ländern der Welt die Ungleichheit wieder an. Es ist höchste Zeit der Agenda "Leave No One Behind", die in den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen (SDGs) verankert ist, hohe Priorität zuzumessen. Um auf multiple Krisen reagieren zu können, muss langfristige Planbarkeit ermöglicht werden!
Auch muss die Katastrophenhilfe weiter ausgebaut werden. Weltweit nehmen Krisen zu und immer mehr Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Es bedarf einer kontinuierlichen Aufstockung der Mittel aus dem Auslandskatastrophenfonds (AKF) bis zur jährlichen Summe von 200 Mio. ab dem Jahr 2030. Nur so kann auf langfristige Krisen und akute Katastrophen reagiert werden. Auch Katastrophenvorsorge muss mitgedacht werden, um die Widerstandsfähigkeit und den Schutz lokaler Zivilgesellschaften langfristig zu erhöhen.
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Es braucht den Lückenschluss von Psycho- Physio- und Ergotherapie, Ausbau der frühen Hilfen für Eltern und Baby, mehr Kinderfachärzte und Hebammen, Unterstützung für Kinder mit psychisch kranken Eltern. Der Zugang zu Psychotherapie und psychologischer Behandlung muss erleichtert, Therapie- und Beratungseinrichtungen und psychosoziale Notdienste außerhalb der Ballungszentren sollen ausgebaut werden. Die Versorgungslücke liegt bei der Leistbarkeit, aber auch bei den langen Wartezeiten und der Mangelversorgung in ländlichen Regionen. Es geht also um kassenfinanzierte Psychotherapie, um bessere regionale Versorgung und um diversere Formen der Angebote: nicht nur die freiberuflichen Therapeuten in ihrer Praxis gehören da finanziert, sondern auch Primärversorgungszentren, spezialisierte Therapiestellen oder mobile Teams.
Denn Kinder brauchen Hilfe, wenn sie mit ihrem Alltag und mit sich selbst nicht mehr zu Recht kommen. Zehntausende Kinder in Österreich erhalten nicht die für sie notwendigen Therapien. Es gibt zu wenig kostenfreie Therapieplätze oder elendslange Wartezeiten. Leistbare und verfügbare therapeutische Hilfen sind aber ganz entscheidend für das gute Aufwachsen von Kindern, die gesundheitliche Probleme haben. Fast ein Viertel der Minderjährigen in Österreich leidet aktuell an einer psychischen Erkrankung. Am häufigsten treten Angstzustände auf, gefolgt von depressiven Leiden. Bei Burschen gibt es mehr Selbstverletzungen und Probleme mit Impulskontrolle, Mädchen sind von Angst häufiger betroffen, besonders gefährdet mit Essstörungen. 14% der Kinder in Österreich brauchen therapeutische Hilfe bei Depression, Angstzuständen, Trauer oder traumatischen Erlebnissen, sagt uns die Mental Health Austrian Teenagers-Studie. Die meisten von ihnen konnten keine professionelle Hilfe in Anspruch nehmen – aus dem Grund, dass ihre Eltern sich diese nicht leisten können.
Die Diakonie antwortet therapeutisch mit dem Angebot heilender Beziehungen, mit der Erfahrung wertschätzender und sicherer Bindung.
Die Diakonie antwortet sozial mit dem Einsatz für finanzielle Existenzsicherung, Zukunftschancen für alle Kinder und gesellschaftlicher Teilhabe
Im Rahmen von Therapien können die Wunden von Belastung und Stress bei Kindern heilen. Denn diese Heilung braucht Zeit und fachgerechte Hilfe. Traumatische Erfahrungen und zerbrochene Beziehungen brauchen heilsame Beziehungen und die Erfahrung von "sicherer Bindung". Bei unseren TherapeutInnen – sei es in der Logotherapie, Ergotherapie, Physiotherapie, oder auch bei der psychologischen Betreuung und Begleitung – können Kinder und Jugendliche die Erfahrung machen, dass sie hier sicher sind. Je früher die Therapie beginnt, je früher wieder Sicherheit hergestellt werden kann, desto besser ist die Prognose für die Zukunft.
Der Grundrechtekatalog in der Verfassung muss erweitert werden: Stärken wir menschenwürdiges Dasein, Mindestversorgung, Gesundheit und Bildung.
Das österreichische Verfassungsrecht enthält – anders als zum Beispiel das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland – weder soziale Grundrechte, noch eine Sozialstaatsklausel oder einen speziellen Grundrechtsschutz für sozialrechtliche Leistungen. In der österreichischen Verfassung sind bereits wirtschaftliche Grundrechte – wie das Recht auf Erwerbs- und Eigentumsfreiheit – verankert, aber keinerlei soziales Grundrecht. Es ist wichtig und unverzichtbar, dass unsere Freiheitsrechte geschützt werden. Aber unser Grundrechtskatalog bleibt eine halbe Sache, wenn nicht auch die sozialen Existenzgrundlagen und ihre damit verbundenen Freiheiten abgesichert werden.
Die Schönheit der Verfassung zu würdigen, heißt, sie um soziale Menschenrechte zu vervollständigen. Jetzt zum Jubiläum 100 Jahre Verfassung legt die Armutskonferenz einen konkreten Gesetzesentwurf vor. Der Entwurf der Armutskonferenz eines „Bundesverfassungsgesetz soziale Sicherheit“ sieht neben der Gewährleistung eines „menschenwürdigen Daseins“ für alle Menschen folgende Rechte vor: das Recht auf Gesundheitsversorgung, das Recht auf Bildung und das Recht auf Mindestversorgung. „Jeder Mensch hat das Recht auf Mindestversorgung, die ein menschenwürdiges Dasein, insbesondere materielle Sicherheit, soziale und gesellschaftspolitische Teilhabe, gewährleistet“, heißt es im Gesetzesentwurf. Weiters macht der Entwurf Vorschläge für menschenrechtsbasierte Budgets und damit verbunden die Verwendung von öffentlichen Mitteln auf Basis von Menschenrechtsprinzipien, insbesondere der Nicht-Diskriminierung und Verteilungsgerechtigkeit. Der Entwurf folgt den Diskussionen im Österreich-Konvent sowie der Grundrechtscharta der Europäischen Union. Auch im aktuellen Regierungsprogramm steht, dass der Grundrechtskatalog erweitert werden soll