Menschen auf der Flucht in Wohnungs- und Geldnot

  • Kommentar
21. September 2022
Die Flüchtlingspolitik sitzt wieder in der selbst erzeugten Patsche

Das beeindruckende Engagement der hilfsbereiten Privatpersonen, die im Frühling Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung gestellt haben, hat dem Staat bisher viel Geld und Sorgen erspart. Doch viele können jetzt aufgrund der Teuerung einfach nicht mehr oder konnten ihre Wohnung ohnehin nur vorübergehend zur Verfügung stellen.

Sowohl die Ukraine Vertriebenen als auch viele Menschen, die bisher gern geholfen haben, können sich das Privatwohnen bald nicht mehr leisten. Und wenn im Winter wieder mehr Flüchtlinge aus der Ukraine kommen, wird deshalb wohl eher weniger und nicht mehr privater Wohnraum zur Verfügung stehen.

Was muss getan werden?

  1. Die staatliche Unterstützung muss dauerhaft erhöht werden
  2. Es braucht eine klare und unmissverständliche Anerkennung derer, die ihren Wohnraum bereitgestellt haben

Zur staatlichen Unterstützung

Hier muss endlich Realismus in die politische Debatte einziehen. Die Erhöhung der Kostensätze für Wohnen und Auskommen wurde im März politisch verkündet. Das bisschen mehr wurde aber schon von der Teuerung aufgefressen, bevor das Geld überhaupt bei den Menschen angekommen ist.

Und selbst nach der Anpassung sind die Sätze sehr gering: 330 Euro Wohnunterstützung pro Familie, und 405 Euro für eine Frau mit einem Kind - davon kann niemand ein Monat lang leben. Es ist also wirklich dringend: Die Grundversorgungsleistungen müssen für die Zukunft dauerhaft angehoben werden.

Zur Anerkennung der bisherigen Leistungen

Es braucht jetzt eine Einmalzahlung für das bisher Geleistete. Damit es sich diejenigen, die gerne weiterhin helfen wollen, noch einmal überlegen können.

UND: Die Einführung eines steuerlicherlichen Freibetrages wäre eine sinnvolle Anerkennung und zusätzlicher Anreiz für Menschen, die ihre Wohnung zur Verfügung stellen.

Und wenn im Winter wieder mehr Menschen kommen?

In den Bundesländern gibt es aktuell zu wenig organisierte Flüchtlingsquartiere. Angesichts der jahrelang nicht angehobenen Abgeltung und der zusätzlich so belastenden Teuerungen überlegen es sich Organisationen und Private zweimal, bevor sie ein neues Quartier anbieten. Es braucht die politische Garantie, dass die realen Kosten auch für die Zukunft gedeckt werden.

Allein in Wien leben aktuell rund 600 Menschen seit Wochen in Notquartieren. Meist sind das kleine Hotelzimmer ohne eigene Versorgungsmöglichkeit. Sie bekommen dreimal am Tag zu essen, und ansonsten heißt es warten. Aber worauf?

Viele warten wochenlang auf ihren Meldezettel und ihr Geld zum Leben. Viele Kinder verlieren dadurch sogar ihr Recht auf den Schulbesuch!

Es wird wieder einmal an der Not der Menschen deutlich, die vor dem Krieg fliehen mussten: Die Reform des Systems der Grundversorgung für Geflüchtete ist überfällig.

 

Autor:innen

Mag. Christoph Riedl
Grundlagen & Advocacy
Sozialexperte Migration, Asyl, Integration, Menschenrechte