In Österreich werden in vielen Branchen Arbeitskräfte gesucht. Gleichzeitig schlummert in unserer Gesellschaft ein großes Arbeitskräftepotenzial, das nicht genutzt wird. Geflüchteten Menschen wird der Zugang zum Arbeitsmarkt oft verwehrt. Ändern wir das. Lassen wir Flüchtlinge in Österreich arbeiten.
Die Folgen des Arbeitskräftemangels sind schwerwiegend. Ohne Menschen, die Lebensmittel produzieren, Kinder unterrichten oder Elektrochips herstellen, schrumpft unsere Wirtschaft. Der Arbeitskräftemangel bedroht unseren Wohlstand.
Jeder Mensch will ein gutes, selbstbestimmtes Leben führen, arbeiten und damit Geld verdienen und Steuern zahlen. Aber geflüchteten Menschen werden dabei Hürden in den Weg gelegt.
Unsere Forderungen
Lesen Sie hier die 7 Forderungen der Diakonie an die Politik, damit Geflüchtete in Österreich arbeiten und sich selbst erhalten können
Die häufigsten Fragen zum Thema Flucht und Arbeitsmarkt
Die Zahl der offenen Arbeitsstellen am österreichischen Arbeitsmarkt war 2022 so hoch wie nie zuvor. Im Jahr 2022 waren durchschnittlich 206.500 Arbeitsplätze in Österreich unbesetzt. Die Zahl der offenen Stellen lag damit um 41,4 % über dem Vorjahr und um 61,1 % über dem Vor-Pandemie-Niveau.
Offene Stellen finden sich bei weitem nicht nur im Bereich der Hochqualifizierten: Bei 40,5 % davon waren weder Pflichtschulabschluss noch Mindestqualifikation gefragt.
Eines der Probleme für Flüchtlinge am österreichischen Arbeitsmarkt ist die berufliche De-Qualifikation. Oft wird ihnen keine qualifizierte Arbeit zugetraut, sie werden dann in Putzjobs oder in die Gastronomie gedrängt. Das ist eine Verschwendung von Potenzialen, die wir in Österreich insbesondere im Sozialbereich (Pflege, Kindergarten, Betreuung von Menschen mit Behinderungen etc.) brauchen.
Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet und in Österreich angekommen sind, haben grundsätzlich sofort Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich. Allerdings gibt es eine Grenze für den „Zuverdienst zur Grundversorgung“, die oft sehr hinderlich bei der Suche nach Arbeit ist.
Hier lesen Sie dazu mehr: Flucht und Migration: Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich
Wenn ein Unternehmen eine Person beschäftigen möchte, die keinen freien Zugang zum Arbeitsmarkt hat, muss das Unternehmen beim AMS eine Bewilligung dafür beantragen. Das AMS führt dann in der Regel eine Arbeitsmarktprüfung durch. Dabei wird überprüft, ob jemand anderes (Österreicher:in) vorrangig diesen Arbeitsplatz angeboten bekommen muss. Gibt es keine andere geeignete Person für den betreffenden Job, bekommt das Unternehmen eine Bewilligung des AMS für die Beschäftigung der besagten Person, obwohl ihr Arbeitsmarktzugang beschränkt ist.
So lange Flüchtlinge keinen Schutzstatus haben, und meist auch in organisierten Flüchtlingsquartieren wohnen, gibt es kaum eine Möglichkeit für sie, zu arbeiten. Sie können sich bei Vereinen und Sozialorganisationen ehrenamtlich engagieren, und in den Quartieren gibt es manchmal auch gering entlohnte Tätigkeiten, die sie stundenweise versehen können.
Eine echte Arbeitsaufnahme ist aber nur möglich, wenn ihr Asylverfahren schon lange dauert und ein Arbeitgeber für sie eine Beschäftigungsbewilligung beantragt. Dann startet das AMS eine sogenannte Arbeitsmarktprüfung, in der geschaut wird, ob nicht eine andere Person die Stelle bevorzugt bekommen muss. Nur wenn niemand gefunden werden kann, wird eine Bewilligung für den Betrieb erteilt. Erst wenn ein Flüchtling in Österreich anerkannt ist, ist er:sie, was Arbeit und Leben in Österreich angeht, österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt (mit Ausnahme des Wahlrechts).
Für Geflüchtete ist es in Österreich nur eingeschränkt möglich, zu arbeiten und ein eigenes Einkommen zu haben. Während des Asylverfahrens ist eine Arbeitsaufnahme nur in Ausnahmefällen möglich. Erst wenn die Personen einen Flüchtlingsstatus* haben, ist der österreichische Arbeitsmarkt frei für sie zugänglich.
In seinem Beitrag Flucht und Migration: Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich, hat sich Christoph Riedl, Diakonie-Experte für Flucht und Integration, Gedanken gemacht, wie der Zugang zu Erwerbsarbeit für alle Geflüchteten in Österreich besser organisiert werden müsste.
* „anerkannter Flüchtling“ oder „Subsidiär Schutzberechtigte:r“
Der Zugang zu einer Lehre oder Lehrausbildung steht jugendlichen Geflüchteten in Österreich grundsätzlich wieder offen. Während des Asylverfahrens brauchen aber auch sie eine Beschäftigungsbewilligung (siehe oben). Nur wenn sie Schutzberechtigte sind (Asyl oder subsidiärer Schutz), haben Sie keine Hürden am Arbeitsmarkt.
"Ich möchte Geld verdienen und Steuern zahlen. Ich möchte gleich sein wie die anderen und ein Nutzen sein."
„In anderen Ländern ist das einfacher. Das weiß ich, weil ich ein Angebot aus Polen bekommen habe. Dort bin ich anscheinend gut genug, um für die NATO als Übersetzerin zu arbeiten, aber nicht gut genug, um in Österreich Kinder zu unterrichten."
Ich lese immer, Österreich braucht Pflegekräfte aus Rumänien, aber mich haben sie nicht genommen.
Viele Hürden für anerkannte Flüchtlinge bei der Arbeitssuche
Auch für schon anerkannte Flüchtlinge, also Menschen mit Schutz-Status, gibt es Hürden in Österreichs Arbeitswelt. Ein besonderes Problem ist die De-Qualifikation. Sie werden oft unterhalb ihrer im Herkunftsland oder hier erworbenen Kenntnisse beschäftigt. Das Potenzial dieser Menschen bleibt also ungenutzt.
Das fordert die Diakonie
Damit Geflüchtete in Österreich arbeiten und sich selbst erhalten können, fordern wir
- Verkürzen der unproduktiven Zeit in der Grundversorgung
- Schnelleren Übergang in die Sozialhilfe, die als „Sprungbrett“ in die Selbsterhaltungsfähigkeit und ein selbstbestimmtes Leben dient
- Ausreichend Kinderbetreuungsplätze
- Den Zugang zu Pflegegeld und Leistungen der Behindertenhilfe für besonders schutzbedürftige Personen
- Ausreichend Sprachkurse
- Die Entbürokratisierung der Anerkennung von in anderen Ländern absolvierten Ausbildungen (Nostrifikationen)
- Eine Offensive für Arbeitsmarktberatung und Begleitung in den ersten Monaten im Job
Dies alles gilt sowohl für Ukraine Vertriebene, als auch für Asylwerber:innen aus anderen Herkunftsländern. Und es gilt auch noch für Flüchtlinge, die bereits ihren positiven Bescheid (Asyl oder subsidiärer Schutz) erhalten haben.