Unfreiwillige Einsamkeit macht krank und belastet unseren Alltag. Jeder Zehnte in Österreich klagt über soziale Isolation und Einsamkeit. Die Diakonie fordert von der Politik Maßnahmen gegen Einsamkeit.
Einsamkeit macht krank
In Österreich sagen 17 %, dass sie im Ernstfall auf niemanden zählen können. Dass also niemand da ist, wenn man Hilfe braucht. Dass die Welt fremd geworden ist zu einem selbst. Wer sich von allen guten Geistern verlassen fühlt, verliert auch das Vertrauen in die Welt rundum.
„Den meisten kann man vertrauen. Stimmt das?“, fragt die Statistik Austria. Am wenigsten „Ja“ darauf sagen können diejenigen, die schlechte Jobs haben, die unter der Armutsgrenze leben, die am sozialen Rand stehen. Und: In Ländern, in denen die soziale Schere zwischen Arm und Reich aufgeht, ist dieses „Ja“ geringer, es gibt also weniger Vertrauen zueinander - und zwar bei allen.
Chronische Einsamkeit ist in etwa so schädlich wie das Rauchen von 15 Zigaretten am Tag.
Die Folgen der Einsamkeit
Unfreiwillige Einsamkeit (loneliness) macht krank und belastet unseren Alltag. Wir sprechen hier nicht vom selbst gewählten Alleinsein (solitude), das uns im Fasten oder Schweigen Kraft gibt. Jede:r Zehnte klagt über soziale Isolation und Einsamkeit.
Die Folgen wiegen schwer: Vereinsamte werden anfälliger für Krankheiten, schlittern öfters in eine Depression, verlieren an Mut. Einsamkeit wird schlimmer mit Armut, bedrohlicher mit sozialen Krisen und belastender mit schlechter sozialer Infrastruktur. Sie trifft Alte wie Junge. Am höchsten betroffen sind 15- bis 25-Jährige und Personen, die älter als 70 Jahre sind.
Psychologie der Einsamkeit: Stress
Wer chronisch krank ist, wird schneller einsam. Auch das Umgekehrte gilt: Wer einsam ist, wird schneller krank. Denn Einsamkeitsgefühle verursachen Stress. Der wiederum begünstigt Herzkrankheiten.
Wissenschaftler der Universität Utah (2010) haben herausgefunden, dass chronische Einsamkeit etwa so schädlich ist wie das Rauchen von 15 Zigaretten am Tag. Einsamkeit übertrifft viele andere Risikofaktoren wie Übergewicht oder Bewegungsmangel. Jede Art, das soziale Umfeld zu verbessern, wird sowohl das Lebensalter als auch die Lebensqualität verbessern.
Quelle: Holt-Lunstad J, Smith TB, Layton JB (2010) Social Relationships and Mortality Risk: A Meta-analytic Review. PLoS Med 7(7): e1000316. https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1000316
Von der Welt getrennt
Einsamkeit bedeutet, sich von der Welt getrennt zu fühlen. Das „Kohärenzgefühl“ definierte der Arzt Aaron Antonovsky als eine globale Orientierung, die das Maß ausdrückt, in dem man ein durchdringendes, andauerndes, aber dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass die interne und externe Welt vorhersagbar ist und dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass sich die Dinge so entwickeln werden, wie vernünftigerweise erwartet werden kann. Aus diesen Gründen wird das Kohärenzgefühl auch als „Weltsinn“ bezeichnet. Antonovsky betonte, dass der Kohärenzsinn auf gesellschaftliche Bedingungen bezogen sei. Keine Handlungsspielräume zu haben, weniger Anerkennung zu bekommen und von Dingen ausgeschlossen zu sein, über die andere sehr wohl verfügen, ist Ausdruck einer sozialen Krise, in der auf Dauer unsere Selbstwirksamkeit und unser Weltsinn leidet.
Quelle: Aaron Antonovsky (1997): Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit.
Selbstbestimmt aber nicht allein: Maßnahmen gegen Einsamkeit
Die Diakonie warnt vor den gesellschaftlichen und psychosozialen Folgen von Einsamkeit. Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung in Bund, Ländern und Gemeinden, um gute Nachbarschaft zu fördern und Einsamkeit zu verringern.
Konkret schlägt die Diakonie ein vom Bund koordiniertes Maßnahmenpaket vor, das Grätzlinitiativen, sozialraumorientierte Projekte, Nachbarschaftshilfe und Community-Arbeit gezielt fördert und finanziert. Dabei geht es darum, Menschen zusammen zu bringen, die sich gegenseitig unterstützen.
Im Mittelpunkt müssen die Stärkung und Teilhabe der Bewohner:innen stehen: „Tue alles dafür, dass Menschen können, was sie tun wollen“, ist das Motto der Diakonie in allen sozialraumorientierten Initiativen, in denen sie sich für gute Nachbarschaften engagiert, damit niemand alleine gelassen wird.