Mehr als 600.000 Wiener:innen im Wahlalter dürfen bei den Gemeinderats- und Landtagswahlen nicht wählen. Das ist mehr als ein Drittel Wiens.
Pass Egal in Wien: 600.000 Menschen von Wahl ausgeschlossen
Am 27. April 2025 finden in Wien Gemeinderats- und Landtagswahlen statt. Doch mehr als 600.000 Wiener:innen im Wahlalter ab 16 Jahren sind von der Wahl ausgeschlossen. Das ist mehr als ein Drittel Wiens! Warum? Weil sie keine österreichische Staatsbürgerschaft, also einen "falschen Pass" haben. Viele der Betroffenen leben schon lange in Österreich oder sind sogar hier geboren. Doch Demokratie lebt von Beteiligung und nicht von Ausschluss!
Wahlausschluss hat drastische Folgen
Wenn eine Bevölkerungsgruppe von Wahlen ausgeschlossen wird, hat das weitreichende Folgen. Menschen, die Teil unserer Gesellschaft sind, bleiben politisch ungehört und unrepräsentiert. Ihre Anliegen, Meinungen und Beiträge finden keinen Eingang in die politische Meinungsbildung und fehlen uns bei der Schaffung einer vielfältigen und starken politischen Kultur. Außerdem zementiert der Wahlausschluss soziale Ungleichheit, da es vor allem sozioökonomisch benachteiligte Gruppen sind, die systematisch von politischer Teilhabe ausgeschlossen werden.
In Wien sind davon 35,6 Prozent aller Wiener:innen im Wahlalter betroffen. Das führt zu einer stetig wachsenden Demokratiekluft und fördert Entfremdung. Dabei leben 44,8 Prozent der vom Wahlausschluss betroffenen Wiener:innen schon seit mind. 10 Jahren hier. 20,8 Prozent sogar schon länger als 20 Jahre! Eine inklusive Demokratie sieht anders aus.
Das demokratische Prinzip, wonach alle von politischen Entscheidungen betroffenen Personen auch an diesen Entscheidungen beteiligt werden sollen, wird in Österreich somit ignoriert. Die Folge sind verzerrte Wahlergebnisse und eine Politik, die die Menschen in unserem Land nur teilweise repräsentiert.
Hürde Staatsbürgerschaft
Solange das Wahlrecht in Österreich auf fast allen Ebenen an die österreichische Staatsbürgerschaft gekoppelt ist, ist das Einbürgerungsrecht die zentrale Hürde zum Recht auf demokratische Mitbestimmung. Wer die extrem restriktiven Bedingungen für die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht erfüllt, bleibt auch vom Wahlrecht ausgeschlossen. Wer etwa ein zu niedriges Einkommen hat oder eine zu niedrige Pension bezieht, bleibt aufgrund der im Staatsbürgerschaftsgesetz festgelegten Einkommenshürde von der Einbürgerung und damit auch von demokratischen Rechten in Österreich ausgeschlossen – oftmals ein Leben lang.
Schlusslicht bei Einbürgerungen
Im Europa-Vergleich ist Österreich gemeinsam mit Bulgarien Schlusslicht beim Zugang zur Staatsbürgerschaft. Die Einbürgerungsrate liegt bei lediglich 0,7 Prozent. Das heißt, von 1.000 hier lebenden Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft werden lediglich sieben Personen pro Jahr eingebürgert. Selbst hier geborene Kinder, deren Eltern schon Jahre hier leben, werden weitgehend vom Zugang zur Staatsbürgerschaft ausgesperrt. Das betrifft inzwischen mehr als eine Viertelmillion hier geborener Menschen.
Die „Pass Egal Wahl“ von SOS Mitmensch
Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen und den von den Wahlen Ausgeschlossenen eine Stimme zu geben, organisiert SOS Mitmensch gemeinsam mit Kooperationspartner:innen seit 2013 die „Pass Egal Wahl“. Diese symbolische Wahl ermöglicht es Menschen im wahlfähigen Alter ohne österreichische Staatsbürgerschaft, ihre Stimme abzugeben.
Pass Egal Wahl in Wien: 27. März bis 23. April
Die Pass Egal Wahl für die kommende Wiener Gemeinderats- und Landtagswahl findet von 27. März bis 23. April statt. Wählen dürfen alle, die über 16 Jahre alt sind, ihren Lebensmittelpunkt in Wien haben, aber keinen österreichischen Pass besitzen. Österreichische Staatsbürger:innen sind eingeladen Solidaritätsstimmen abzugeben.
Geflüchtete und Menschen mit Migrationsbiografie sind an oberster Stelle von Wahlausschluss betroffen. Wir, im Diakonie Flüchtlingsdienst machen uns stark für die Wahrung der Grundrechte unserer Klient:innen. Deshalb unterstützen wir und beteiligen uns an der Pass Egal Wahl.
Komm‘ in eines unserer Wahllokale
In drei unserer Einrichtungen in Wien betreiben wir ein Wahllokal für die Pass Egal Wahl. An diesen Standorten können alle von den Wahlen Ausgeschlossenen und alle, die sich mit ihnen solidarisch erklären (über 16 Jahre), ihre symbolische Stimme abgeben:
Aufschwung
Graumanngasse 7, Stiege C
1150 Wien
Wahltermine:
31.03.-23.04.2025
Montag von 09:00-12:00 Uhr
Mittwoch von 14:00- 18:00 Uhr
Donnerstag von 09:00-12:00 Uhr
IBZ Wien
Zinnergasse 29/B
1110 Wien
Wahltermine:
31.03.2025 von 09:00-12:00 Uhr sowie 14:00-16:00 Uhr
01.04.2025 von 14:00-18:00 Uhr
02.04.2025 von 09:00-12:00 Uhr sowie 14:00-16:00 Uhr
03.04.2025 von 09:00-12:00 Uhr sowie 14:00-16:00 Uhr
AmberMed
Oberlaaerstrraße 300/306
1230 Wien
Wahltermine:
31.03.-23.04.2025
Montag bis Donnerstag von 09:00-16:00 Uhr
Freitag von 08:00–13:00 Uhr
Beteiligt euch zahlreich, setzt mit uns und SOS Mitmensch ein starkes Zeichen für eine teilhabegerechte Gesellschaft und Politik und eine dringend benötigte Wahlrechtsreform!
Demokratiefest am Yppenplatz am 23. April!
Das große Abschlussevent der Wiener-Pass-Egal-Wahl findet heuer am 23. April ab 15:00 Uhr am Yppenplatz im 16. Bezirk statt. Dort erwartet dich sowohl ein attraktives Musik- und Kulturprogramm als auch die finale Möglichkeit, deine Stimme abzugeben!