Voller Betrieb in der Gemeinschaftsküche
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Bohneneintopf und Reis köcheln in riesigen Töpfen vor sich hin. In der Küche von IOCC, der Partnerorganisation der Diakonie, herrscht reges Treiben. Seit dem Morgen sind drei Köchinnen bereits eifrig im Einsatz. Heute wird auch Hühnerfleisch zubereitet, mittlerweile im Libanon ein Luxusgut. Generell sind Nahrungsmittel für viele Menschen nicht mehr leistbar, Fleisch schon gar nicht.
Seit 2019 durchlebt der Libanon mehrere Krisen gleichzeitig – und es ist keine Besserung in Sicht. Im Gegenteil, die Situation verschlimmert sich. Die Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt seit langer Zeit Projekte im Libanon, in den ersten Jahren des Syrienkrieges wurden vor allem Geflüchtete unterstützt. Heute sieht die Situation anders aus. Immer mehr Libanes:innen können sich das Allernötigste nicht mehr leisten. Inflation, Pandemie, die Nachwirkungen der großen Explosion im Hafen von Beirut im Jahr 2020 – und schließlich auch noch die Verteuerungen durch den Ukraine-Krieg - geben dem Land keine Chance auf Erholung.
Eine Mittelschicht gibt es kaum mehr, immer mehr Menschen sind von Armut betroffen. Besonders schwierig ist die Situation für Familien mit kranken Familienangehörigen. Das Gesundheitssystem versagt und auch Menschen, die ihr Leben lang in die Versicherung einbezahlten, haben keine Garantie mehr auf Gesundheitsversorgung. In den Städten sind Menschen häufiger von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen, da sie Engpässe nicht durch Eigenproduktion abfedern können.
Die Mahlzeiten der Gemeinschaftsküche werden ausgewogen zusammengestellt – und beinhalten immer auch Brot und Früchte. Derzeit bekommen 138 Familien, in großen Metalltöpfen, Essen geliefert. Laufend wird an der Optimierung des Betriebes gearbeitet, es gibt Überlegungen eine Solaranlage am Dach der Küche zu installieren, um von den dieselbetriebenen Generatoren unabhängig zu werden. Auch ein kleiner Garten mit Gemüsebeeten ist in Planung. Denn Unabhängigkeit von Marktpreisen wird in der aktuellen Situation immer wichtiger. Der Weizenpreis ist stark angestiegen, Brot ist nicht mehr immer verfügbar. Diejenigen, die es sich leisten können, tätigen Hamsterkäufe. Neuerdings gibt es sogar einen Schwarzmarkt für Brot.
Aktuell ist die größte Angst für die Menschen nicht die hohe und wechselhafte Inflation, sondern die Knappheit von lebenswichtigen Gütern wie Weizen, Buchweizen, Hülsenfrüchte, etc.
Asma kommt dreimal die Woche zur Gemeinschaftsküche in Tripoli, um für sich und die vier Familienangehörigen im Haushalt Essen abzuholen. "Das Essen schmeckt sehr gut und die Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter:innen von IOCC ist riesengroß!", betont sie. Ihr Mann ist schwerkrank und kann nicht arbeiten. Dieses Jahr war besonders hart für ihre Familie, weil die Preise nochmals stark angestiegen sind. Medizin ist mittlerweile unleistbar geworden. „Dieses Jahr war besonders hart – es war einfach zuviel!“, erklärt Asma. Obwohl sie neun Kinder hat, können diese ihr nicht helfen, weil sie selbst kaum über die Runden kommen. Sie verdienen nicht genug, um ihre eigenen Familien und Kinder zu ernähren.
Aus diesem Grund nimmt Asma den weiten Weg zur Gemeinschaftsküche auf sich, sogar wenn es ihr selbst einmal nicht so gut geht. Eigentlich wäre Essen für ihre Familie im Rahmen des Projektes nicht mehr vorgesehen, denn alle sechs Monate wechselt die Region für die Auslieferungen, um möglichst viele Menschen zu unterstützen. Dieses Konzept funktioniert an und für sich sehr gut. Die vorübergehende Essensunterstützung schafft eine Verschnauf- und Regenerationsphase. In dieser Zeit kann das Geld, das ansonsten für Essen aufgewendet werden müsste, für andere wichtige Dinge, wie Medikamente, Bildung, etc. investiert werden. Rund 86 Prozent der Begünstigten können auch nach Ablauf der Essenslieferungen die Anzahl und Menge der Mahlzeiten beibehalten.
Die Lage von Asmas Familie hat sich in diesem halben Jahr leider nicht verbessert. Ihr Mann musste sich einer dringend notwendigen Operation unterziehen. Ermöglicht wurde diese durch die Unterstützung von Freunden. Was bleibt, sind große Sorgen um die Zukunft. Die regelmäßigen Mahlzeiten bewahren zumindest vor dem Hunger. Und die Tatsache, dass das Team von IOCC ihre Familie nicht im Stich lässt, gibt ein wenig Hoffnung.