Teil 2: Wie wird das Verhältnis zwischen Staat und Religion geregelt?

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13. März 2017
Auch wenn überall in Europa Religionsfreiheit garantiert wird, gibt es hier von Staat zu Staat große Unterschiede, was Verständnis, Rolle und Organisation von Religionen im Staat betrifft.

Wenn von Staat und Religionen gesprochen wird, werden Begriffe und Formulierungen wie „säkularer Staat“, „Trennung von Staat und Religion“, „Laizismus“, „weltanschaulich neutral“ oder „Religion ist Privatsache“ verwendet. Oft bleibt auch unklar, ob über Religion oder Kultur gesprochen wird (z. B. „Das Kreuz ist ein Symbol abendländischer Kultur und Geschichte.“). Schon die Vielzahl an Formulierungen macht klar, dass es nicht ein Muster gibt, nach dem Staaten ihre Beziehungen zu Religionen gestalten. Auch wenn überall in Europa Religionsfreiheit garantiert wird, gibt es hier von Staat zu Staat große Unterschiede, was Verständnis, Rolle und Organisation von Religionen im Staat betrifft. Die Gründe dafür liegen in der langen und konflikthaften Geschichte dieser Fragen und der großen Bedeutung, die sie hatten. Denn diesen Auseinandersetzungen kam oft eine ganz zentrale Stellung in der Entwicklung der modernen Staaten und ihres Selbstverständnisses zu.

Auch wenn überall in Europa Religionsfreiheit garantiert wird, gibt es hier von Staat zu Staat große Unterschiede, was Verständnis, Rolle und Organisation von Religionen im Staat betrifft.

Bis heute sind sie ganz wichtig für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Er behandelt daher Fälle mit Bezug zur Religion ganz unterschiedlich – je nachdem, ob sie z. B. Frankreich oder Deutschland betreffen. Ein Ausgangspunkt war die sogenannte „Reformation“, die vor genau 500 Jahren durch die 95 Thesen Martin Luthers ihren entscheidenden Anstoß bekam. Sie war durch jahrzehntelange politische, religiöse und kriegerische Konflikte geprägt. Vieles, was die Menschen damals bewegte, wirkt heute fremd: das Beharren auf ewigen Wahrheiten und einzig richtigen Wegen zur Erlösung, die Bereitschaft, für den eigenen Glauben alles zu geben. Die Fragen, die sich daraus entwickelten, sind uns aber bis heute vertraut: Wie unterscheiden sich Staat und Gesellschaft? Wieviel Einheit braucht es? Wieviel Zwang braucht es, um ein Zusammenleben in Sicherheit und Frieden zu ermöglichen? Welche Ansprüche darf der Staat, darf Politik stellen? Was heißt Freiheit? Wie sollen wir mit der Vielfalt umgehen, zu der Freiheit führt? Und: Können religiöse Menschen überhaupt loyale Bürgerinnen und Bürger sein? Hören sie nicht in erster Linie auf den Papst oder gar den Koran?

Heute sind diese Fragen für viele mit persönlicher Lebensführung verbunden, lange Zeit stand aber Religion fest im Mittelpunkt (und sie tut es auch heute vielfach wieder). Und wenn man die Geschichte genau verfolgt, kann man sehen, wie unser heutiges Verständnis vom Staat in Auseinandersetzung – vor allem – mit den Kirchen entstanden ist und umgekehrt. Hier fällt noch etwas auf: Eigentlich ist nur von Kirchen die Rede. Und das ist ganz wesentlich für die europäische Entwicklung: Kirchen entsprechen der staatlichen Organisation in vieler Hinsicht. Sie sind klar gegliedert, sie haben eine eindeutige Leitung und ihre Lehren sind festgelegt. Nicht von ungefähr sprach man noch bis vor wenigen Jahren vom „Staatskirchenrecht“, wenn es um Fragen von Staat und Religion ging (das Judentum spielte immer nur eine untergeordnete Rolle). Heute ist das religiöse Leben in Europa aber vielfältiger geworden, und das Kirchenmodell passt auf viele Religionsgemeinschaften – und hier vor allem den Islam – nicht mehr. Und damit sind – scheinbar – alte Fragen wieder neu zu bestimmen.

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