Sie möchten in Ihrer Pfarrgemeinde weitere Gelegenheiten für Begegnung und soziales Miteinander schaffen? Erfahren Sie mehr über Sozialraumorientierung als Quelle für soziales und diakonisches Gestalten in der Gemeinde!
In vielen alten Ortschaften steht noch eine ehemalige Backstube. In früher Zeit war die Backstube einer der Mittelpunkte in einer Gemeinschaft. An Backtagen traf man sich zum Brot backen. Dabei wurde aber nicht nur gebacken. Man erzählte einander, was es in der Ortsgemeinschaft (Sozialraum) Neues gab und was gebraucht wurde. So wurde klar, wer Unterstützung brauchte und welche (materiellen und personellen) Ressourcen in der Gemeinschaft vorhanden waren. Das war insbesondere in Krisenzeiten überlebensnotwendig. Im Laufe unserer Moderne ist das weniger geworden. Gleichzeitig zeigt sich angesichts heutiger Krisen und sozialer Missstände, dass Menschen mit starken sozialen Netzen von deren Auswirkungen weniger schwer getroffen werden.
Ziel der Sozialraumorientierung ist nicht Veränderung von Menschen, sondern gemeinsame Gestaltung der Lebenswelt.
Was ist ein Sozialraum?
Sozialräume sind Orte oder Plätze, die im Alltag mehrerer Menschen wichtig sind. Sie werden als Wohnraum, Nachbarschaft, Stadtteil, Grätzel etc. sichtbar. Sozialräume können sehr unterschiedlich aussehen. Wichtig für eine kirchlich-diakonische Arbeit ist es, den Begriff Sozialraum als ein (unsichtbares) Gebilde zu verstehen, das aus der sozialen Interaktion zwischen Menschen entsteht.
Unter dem Begriff Sozialraumorientierung sind viele Erfahrungen, Methoden und Werkzeuge zusammengetragen. Pfarrgemeinden spielen eine große Rolle dabei, unterschiedliche Arten von Sozialräumen anzubieten. Denn Gemeinden verfügen über „soziale Schätze“ wie z.B. Räumlichkeiten, die bereitgestellt und gestaltet werden können, Kontakte in die Nachbarschaften und zu ehrenamtlich engagierten Menschen.
Die Palette, wie Pfarrgemeinden mit diesen Schätzen in ihrem Sozialraum aktiv werden, ist vielfältig. So gibt es kleine Projekte mit wöchentlichen Angeboten, wie:
- offene Räume mit Tee, Kaffee und Kuchen
- Nachbarschaftshilfen
- Besuchskreise
- Sportangebote
Gleichzeitig sind Pfarrgemeinden in großen Projekten z.B. zur stadtplanerischen Gestaltung von Wohnquartieren oder zum Aufbau von Sorgestrukturen für Menschen im Alter mit Beteiligung mehrerer Kirchengemeinden involviert. Sozialraumorientierung sucht nach Partner:innen vor Ort. Viele Gemeinden haben beispielsweise gute Beziehungen zu Bibliotheken, Ladengeschäften, Vereinen oder Künstler:innen. Hier bieten sich Chancen für Nachbarschaftstreffen, Musik- und Kunstveranstaltungen oder Beratungsangebote.
Sozialem Leben Räume und Gelegenheiten geben
Um sozialräumliche Angebote in Kirchengemeinden zu gestalten, können diese Fragen helfen:
- Warum wollen wir weitere Angebote schaffen, die noch mehr Menschen anziehen? Was treibt uns an? Was ist unsere Motivation?
- Wo stehen wir aktuell im Sozialraum?
- Was sind unsere Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken?
- Haben wir Räumlichkeiten?
- Was bringen Menschen aus der Gemeinde mit?
- Wie wirken wir aktuell im Sozialraum?
- Was ist unser Netzwerk?
- Was wäre, gebe es unsere Gemeinde nicht?
- Was wünschen sich die Menschen im Ort von der Kirchengemeinde? Wovon träumen Sie?
- Wie können wir helfen und wo brauchen wir Hilfe?
Die Umsetzung von sozialraumorientierten Angeboten ist nicht immer einfach und wirkt mitunter erschlagend. Nicht jedes Projekt kann auf Anhieb gelingen oder wird von den Menschen ohne weiters angenommen. Davon muss sich eine Gemeinde aber nicht entmutigen lassen. Hilfreich ist es, andere engagierte Personen zu Rate zu ziehen, sich mit anderen Gemeinden auszutauschen und mit bestehenden Projekten zusammenzuarbeiten.
Wie sehen sozialraumorientierte Angebote in Kirchengemeinden aus?
Sehen Sie sich Beispiele von großen und kleinen Sozialraumprojekten von Kirchengemeinden und der Diakonie aus Österreich und Deutschland an! Weiter unten finden Sie auch Literaturempfehlungen, in denen auch Praxisbeispiele beschrieben werden.
Das Entstehen eines Sozialraumes kann als gestalterisches Zusammenspiel von verschiedenen Handlungen, Beziehungen- und Identitäten verstanden werden. Anders gesagt: Entstehungen von Sozialräumen sind für Menschen nicht einfach planbar. Insofern kann im Entstehen und Verändern eines sozialen Raumes ein schöpferischer Akt gesehen werden.
„Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“
Im christlichen Verständnis gilt es, mit diakonischem Handeln der Gemeinde, Erfahrungen von Beziehung, Nächstenliebe, Mitgefühl und Würde offenbar werden zu lassen. Aus diesem Gedanken heraus kann Sozialraumorientierung für Kirchengemeinden bedeuten, sich auf den Weg zu machen und vor allem Menschen aufzusuchen, die ihre Wünsche und Rechte wenig vertreten (können) und Räume zu schaffen, in denen Gemeinschaft erfahren wird und Menschen sich einbringen. Ein solches solidarisches Handeln verbindet die Sozialraumorientierung mit der Idee von Diakonia als einen Grundpfeiler für moderne Kommunikation des Evangeliums.
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Video Tipp: Youtube-Video von Wolfgang Hinte über Sozialraumorientierung