Wie die Teuerung Familien trifft: „Lebensmittel sind wichtiger als Schuhe“
- Story
Sandra kauft nicht das, was sie möchte, sondern das, was sich ausgeht. Und seit einigen Wochen geht sich immer weniger aus. Michaela* (6) kommt im Herbst in die Schule. Eigentlich braucht sie bald neue Schuhe – seit Monaten trägt sie die gleichen Sandalen. „Aber wenn ich Schuhe kaufe, habe ich zu wenig für Lebensmittel. Lebensmittel sind wichtiger als Schuhe“, sagt die alleinerziehende Mutter. Früher habe sie ab und zu ein gutes Angebot gefunden. Und manchmal konnte sie am Ende des Monats auch ein bisschen etwas zurücklegen. „Aber es gibt einfach nichts mehr, wo ich sparen kann. Also muss ich mich entscheiden: Was ist wichtiger?“
Weniger Toastbrot
Schuhe oder Lebensmittel. Duschgel oder Zahnbürste. Jause oder Frühstück. Beim Großeinkauf zum Monatsanfang kauft Sandra nicht mehr drei Toastbrote sondern zwei und eine Gurke weniger. „Für eine gesunde Ernährung ist das nicht gut, aber es geht nicht anders.“ So gut es geht, versucht Sandra, für ihre drei Kinder weiterhin frisches Obst und Gemüse zu kaufen und mit frischen Lebensmitteln zu kochen. „Aber das wird immer schwieriger. Ich schreibe genau auf, wofür ich Geld ausgebe und habe einen strengen Plan, was ich wann zahle – zuerst die Miete, dann den Strom, dann den Kindergarten. Mit dem, was übrigbleibt, gehe ich einkaufen. Ich habe schon immer die günstigsten Produkte gekauft. Mittlerweile muss ich für die gleichen Sachen fast das Doppelte ausgeben.“ Und sie müsse schnell sein, sagt Sandra. Oft gehe sie in den Discounter, sobald er aufsperrt, „sonst sind die günstigeren Nudeln, leistbares Gemüse und Obst schon weg. Weil jetzt jeder und jede zum Günstigeren greift.“
Es gibt einfach nichts mehr, wo ich sparen kann. Also muss ich mich entscheiden: Was ist wichtiger?
Heute nicht, vielleicht morgen
Wenn Sandras Kinder bei den Süßigkeiten vorsichtig fragen: „Mama, darf ich das?“ und auf einen Schlecker oder ein Eis zeigen, sagt sie „,Nein, heute nicht, vielleicht morgen.‘ Jedes Mal.“ Vor ein paar Tagen hat Sandra aber doch nachgegeben. Es war keine leichte Entscheidung. Aber Michaela* (6), Maja* (3) und Andreas* (5) waren so begeistert von dem Badezusatz, der das Badewasser ganz Blau färbt, dass sie nicht anders konnte. „Also habe ich ihnen den Zauberbadezusatz gekauft. Dafür habe ich meine spezielle Creme weggelassen, die ich wegen rauer Haut brauche.“ Sandra redet nicht gern über solche Momente. Sie sind mittlerweile nicht mehr selten. Momente, in denen sie Dinge weglassen muss, die für sie wichtig sind oder ihr guttun, damit sie ihren Kindern ab und zu eine besondere Kleinigkeit möglich machen kann.
Ich habe schon immer die günstigsten Produkte gekauft. Mittlerweile muss ich für die gleichen Sachen fast das Doppelte ausgeben.
Eine lange Einkaufsliste zum Schulanfang
Michaela* freut sich schon sehr auf ihren ersten Schultag und ein bisschen aufgeregt ist sie auch. „Und ich auch!“, sagt Sandra und lacht. Dann wird ihr Blick wieder ernst: „Vor ein paar Wochen haben wir von der Schule eine Liste bekommen mit all den Sachen, die Michaela braucht: Schultasche, Stifte und allerlei andere Schulsachen, Turnpatschen, Turnsackerl…“ Sogar auf Schianzug und Schischuhe für den Winter wurde schon hingewiesen. Claudia Wettel kennt diese Einkaufslisten zum Schulstart. Die Sozialberaterin der Stadtdiakonie Wien unterstützt Sandra und viele andere Menschen mit Beratung und Starthilfe für den Schulbeginn. „Selbst, wenn die Eltern günstig einkaufen, kostet die Grundausstattung für den Schulstart 100 bis 300 Euro“, sagt Claudia Wettel.
„Diese Liste für den Schulstart hat nach so viel ausgesehen. Aber Frau Wettel hat mir gleich eine Schultasche gegeben und viele Schulsachen für Michaela*. Jetzt fehlt nur noch ein Werkkoffer, ein paar Pinsel und noch andere Kleinigkeiten. Aber das ist machbar, das schaffe ich.“
Selbst, wenn die Eltern günstig einkaufen, kostet die Grundausstattung für den Schulstart 100 bis 300 Euro.
„Weil sie Lösungen sieht“
Claudia und Sandra kennen sich seit fast vier Jahren. Anfangs waren sie öfter im Kontakt, jetzt immer dann, „wenn es was gibt“, sagt Claudia. Und das muss nicht immer etwas Finanzielles sein. „Das können Fragen rund um den Schulanfang sein, zu Ausbildung und Job oder auch zu etwas ganz anderem.“ Frau Wettel sei sehr wichtig für sie, sagt Sandra. „Weil sie Lösungen sieht. Immer, wenn ich nicht weiterweiß oder Hilfe brauche, frage ich sie. Und sie hat fast immer eine Antwort oder eine Idee.“ Zum Beispiel die, dass Sandra einen Kurs machen kann, bei dem Mütter unter 25 Jahren mit kleinen Kindern für den Wiedereinstieg in den Beruf geschult werden. „Da werden meine Kinder auch betreut, während ich die Ausbildung mache – sonst wäre es für mich nicht möglich gewesen“, sagt Sandra. „Nach dem Kurs kann ich gleich eine Lehre machen. Und dann hoffe ich, dass ich einen guten Job bekomme. Damit ich meinen Kindern endlich mehr möglich machen kann, sich wieder mehr ausgeht. Damit ich endlich öfter sagen kann: ,Ja, du darfst!‘“
*Name geändert
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