Verlässliche Begleitung am Weg ins Erwachsenwerden
- Story
„Die Jungs bringen oft eine komplexe Mischung aus Problemen mit: schwierige Familienverhältnisse, Schulprobleme, psychische Belastungen, ungünstige Sozialkontakte“, erklärt Sophia Schöllerbacher, die Leiterin der WG Camino. Neun Burschen im Alter von 12 bis 18 Jahren werden in der Wohngruppe des Diakonie Zentrums Spattstraße dabei unterstützt, eine Schule oder eine Ausbildung zu absolvieren oder an Kursen teilzunehmen. Ihre Stärken und Fähigkeiten werden gefördert und tragen wesentlich dazu bei, dass sie sich in einer krisenhaften Lebensphase wieder stabilisieren können. Dann gelingt es, wieder Selbstachtung und Selbstvertrauen zu entwickeln und Schritt für Schritt den eigenen Weg zu gehen.
Einer dieser Burschen ist Jan. Im Alter von 14 Jahren kam er im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe in die WG Camino. In seiner Pflegefamilie gab es zunehmend Konflikte und er konnte es dort nicht mehr aushalten. In den ersten Wochen und Monaten zog sich Jan in der WG häufig in sein Zimmer zurück und nahm kaum am Gruppengeschehen teil – er brauchte Ruhe, um das Erlebte zu verarbeiten und Vertrauen zu fassen. „Es war, als müsse er erst einmal tief Luft holen und einfach nur schlafen, um die seelische Erschöpfung loszuwerden“, erinnert sich Sophia Schöllerbacher, die Leiterin der WG. „Die Burschen, die zu uns kommen, tragen oft einen riesigen Rucksack voller belastender Erlebnisse mit sich. Ihr Weg ist selten geradlinig, häufig sind sie in einer Sackgasse gelandet.“
„Anfangs wollte ich einfach nur meine Ruhe haben“, gesteht Jan. „Es ging mir wirklich schlecht. Alles wurde mir zu viel. Ich kam morgens einfach nicht aus dem Bett.“ Inzwischen ist Jan ein wichtiger Teil der WG-Gemeinschaft. Besonders das Klettern hat es ihm angetan. „Es fühlt sich einfach großartig an, selbst die Wand hochzuklettern. Mein Betreuer Günther ist immer dabei, und ich habe gelernt, seine helfende Hand anzunehmen. Wenn ich etwas wirklich will, kann ich es schaffen. Das war am Anfang gar nicht so einfach für mich“, sagt Jan stolz. „Durch das Klettern und die gemeinsamen Zeltwochenenden habe ich mehr Selbstvertrauen gewonnen. Und ich habe gelernt, den Erwachsenen wieder zu vertrauen. Ich kann sogar für die anderen Jugendlichen ein Vorbild sein, auch wenn sie manchmal nerven.“
Unsere erlebnispädagogischen Aktivitäten, fördern genau die Fähigkeiten, die die Jungs brauchen, um sicherer auf eigenen Beinen zu stehen. Sie lernen, sich Herausforderungen zu stellen, Hilfe anzunehmen, zu reflektieren und auch mit Rückschlägen umzugehen.
In der Gemeinschaft lernen die Burschen viel über sich selbst und finden Orientierung für den eigenen Weg. Gleichzeitig üben sie alltagspraktische Dinge ein, die sie für ein eigenständiges Leben brauchen: kochen, ihre Zimmer ordentlich halten, Termine planen und einhalten, sich selbst pflegen. Es sind kleine, wichtige Schritte.
Heute ist Jan fast 17 und hat ein Ziel vor Augen: Er will Horthelfer werden und ist bereits für einen entsprechenden Lehrgang angemeldet. „Ich bin stolz darauf, dass ich jetzt sagen kann, was die nächsten Schritte sind und wie mein Weg weitergeht“, sagt er lächelnd.