"Meine Hoffnung ist ein Leben in Gleichheit und Würde"
- Story
Sprachrohr für unterdrückte Frauen
Du bist geboren in dieser Welt als Frau
Stark, beständig, unabhängig
Am Anfang des Lebens steht die Gleichheit und das Glück. Und dann nennen Sie dich „Mädchen"
Damit hast du auf deiner Stirn den Stempel der Wertlosigkeit
„Ich habe einen Schmerz in meinem Herzen“, schreibt Fatemeh Musawi in einem ihrer Songtexte. Die 27-Jährige ist aus Afghanistan geflüchtet und verarbeitet diese tiefsitzenden Erlebnisse in Texten und Gedichten, die sie als Poetry-Slammerin der Öffentlichkeit präsentiert. Diesen Schmerz, den sie hier beschreibt, kennt sie aus ihrer Kindheit, als sie im Alter von vier Jahren mit ihrer Familie die Heimatstadt Kabul verlassen musste, einige Zeit im Iran verbrachte und dann 2015 nach Österreich floh. Heute lebt sie mit ihren eigenen Kindern (4 und 7 Jahre) und ihrem Mann in einer Integrationswohnung der Diakonie in Salzburg.
„So etwas möchte ich nie wieder erleben“, erzählt die junge Frau über ihre Fluchterfahrung. „Im Iran war es zwar besser als in Afghanistan, aber es war kein gutes Leben für uns. Wir konnten nicht in die Schule gehen oder arbeiten, da wir illegal waren.“ Auf der Flucht hat sie durch das Reden mit anderen Menschen innerhalb kürzester Zeit Englisch gelernt. Erst in Österreich holte Fatemeh ihren Pflichtschulabschluss nach. Sie arbeitet zeitweise beim Verein „Viele“ mit, Ende des Jahres möchte sie dann eine Ausbildung zur Pflegefachassistenz beginnen. Doch ihre allergrößte Leidenschaft ist und bleibt das Schreiben.
Meine Hoffnung ist ein Leben in Gleichheit und Würde
Alle aus der Heimat sollen es hören
Das was wir zu sagen haben.
Das Thema, das sich wie ein roter Faden durch all ihre Texte zieht, sind Frauenrechte. Fatemeh wirkt für ihr Alter schon sehr reif und abgeklärt, sie ist eine moderne und zielstrebige junge Frau, die weiß was sie will – und sie hat eine Mission. Letztes Jahr hat sie sich beim Poetry-Slam in St. Johann, den die Diakonie gemeinsam mit dem Verein „St. Johann hift“ und der kultur:plattform veranstaltete, gegen zwölf weitere KanditatInnen durchsetzen können und wurde zur Siegerin gekürt. Nun ist sie schon wieder emsig dabei, sich für den nächsten Contest, am 24. November in St. Johann im Pongau, vorzubereiten. Irgendwann möchte sie auch mal ein Buch schreiben. Denn sie schreibt sowieso immer zuhause, wenn sie Zeit hat. „Warum soll ich meine Gedanken nicht auch mit anderen teilen?“, fragt sie.
Frauen haben in dieser Welt, aus der ich komme, viel zu wenig Entscheidungsfreiheit. Alles wird uns vorgeschrieben: „Dein Hidschab muss so aussehen, Du sollst das denken, Du darfst nicht in die Schule gehen, Du musst diesen Mann heiraten usw.“
Als Frau fordere ich das Recht zu Lieben und frei zu sein.
Sie brechen unser Herz
Verbieten uns die Liebe.
Wenn das den guten Mann ausmacht
Ist es das Ende des Lebens für die Frauen
Offiziell darf man in Afghanistan ab 9 Jahren heiraten, in Realität werden die Mädchen oft im Alter von 11 oder 12 Jahren verheiratet. „Ich kenne viele afghanische Frauen, die keine Rechte haben, weil ihr Mann sie unterdrückt. Auch hier in Österreich. Aber ich hatte Glück, ich habe einen guten Mann, meiner ist anders!“ und sie beginnt zu lächeln. „Ich habe mich mit 16 Jahren verliebt. Er unterstützt mich, in allem was ich tue. Ich möchte ein Vorbild für junge Mädchen sein und ihnen zeigen, dass man auch als Frau vieles erreichen kann!“
Ob sie religiös ist, wollen wir am Ende noch wissen? Sie blickt Richtung Himmel und überlegt einen Augenblick: „Nicht sehr. Menschlichkeit ist mir wichtiger!“