Krokodile und Zauberflöten im Nationalpark Donauauen
- Story
Gummistiefel und Haube an und rein ins Abenteuer Waldtage
Eine Schar Kinder in bunten Gummistiefeln und Matschhosen läuft an diesem Novembermorgen schnurstracks auf das Gehege am Eingang des Nationalparks Donauauen zu. Dort begrüßen und beobachten die Kinder aus der Pinguin-Gruppe die Pferde und das noch scheue Fohlen. Die älteren Kinder erinnern sich noch genau, als die trächtige Stute immer dicker und dicker wurde. Gespannt stehen die Kinder am Zaun und versuchen so viel vom Fohlen zu erhaschen, wie nur möglich. Es ist die „anstrengungslose Aufmerksamkeit“ (Rainer Brämer), mit der die Kinder die Natur, die Pflanzen und Tiere erforschen, und die so bedeutend für ihre ganzheitliche Entwicklung ist. Und zu entdecken gibt es an so einem Waldtag genug: Spinnen, Ameisen, Käfer, Pferde und sumpfige Pfützen, die sich mit Krokodil-Gummistiefeln problemlos durchqueren lassen.
Den Jahreslauf der Natur kennenlernen – bei jeder Witterung
Link Krumpel ist Pädagoge und leitet die Pinguin-Gruppe im Kindergarten Donaustadt. Einmal im Monat verbringen die Kinder aus seiner Gruppe einen ganzen Tag im Wald – mit ausreichend Proviant und richtiger Kleidung. Denn, so versichert uns der ehemalige Grafikdesigner, die Waldtage finden bei jeder Witterung statt. Und falls es tatsächlich einmal regnet und die Kinder nass zurückkehren, können sie in die trockene Wechselkleidung schlüpfen, die sie im Kindergarten gelagert haben.
"Die Kinder lernen, wie sich die Natur im Jahreslauf verändert. Sie sehen, wie sich die Blätter verfärben, sie spüren die Kälte des Winters und die Hitze des Sommers und lernen den Wald als Schattenspender und kühlenden Rückzugsraum kennen. Der Wald bietet den Kindern jeden Monat eine neue Welt, die es zu entdecken gilt".
erklärt Link Krumpel, Kindergartenpädagoge über die Waldtage und weshalb sie bei jeder Witterung stattfinden
Wie fühlt es sich an, wenn ein Käfer über die Hand krabbelt?
Die Natur zu erleben ist ein elementares menschliches Bedürfnis – das zeigen Erkenntnisse aus der Gehirnforschung. Diese belegen, dass Erfahrungen und Erlebnisse in der Natur emotionale und kognitive Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen befriedigen. Der Mensch sehnt sich nach Vertrautheit und gleichzeitig nach dem Neuen und Unbekannten – und genau diesem Wunsch entspricht das Naturerlebnis. Für die Kinder aus dem Evangelischen Kindergarten Donaustadt ist der Wald bereits eine vertraute Umgebung. Sie wissen, wo sie aufeinander warten müssen und finden den Weg zum Jausenplatzerl. Und gleichzeitig entdecken die Kinder Neues. Sie nehmen neue Geräusche, Gerüche, Düfte und die Vielfalt der Formen wahr. Sie spüren, wie es sich anfühlt, wenn ein Käfer oder eine Ameise über die Hand krabbelt. Sie lernen, wo Spinnen und Schnecken ihre Behausungen haben und, dass man ganz behutsam sein muss, wenn man die Tiere nicht verletzen, aber sie beobachten und etwas über sie lernen möchte.
Naturerlebnisse prägen Kinder ganz besonders
Dabei steht die „klassische Umwelterziehung“ weniger im Vordergrund als das ganzheitliche Erleben von Natur, Freiheit und das Eingebundensein in natürliche Prozesse. Es geht darum, eine Nähe zu Natur, Pflanzen und Tieren zu entwickeln, die schließlich die emotionale Bindungsfähigkeit der Kinder fördert.
Die Kinder aus der Pinguin-Gruppe kennen sich gut aus mit Tieren, haben schon einmal eine rote Ameise gesehen, wissen, dass der Wald „nach Pferdeduft riecht“ (Lukas*) und „nach Luft schmeckt“ (Franziska*). Und Jana* hat auch eine Lieblingsjahreszeit im Wald. Das ist die, wenn sie Geburtstag hat.
Zauberflötenkonzert und Esel-Polonaise – das freie Spiel in der Natur
Die Natur vermittelt Freiheit und lädt die Kinder zum selbstständigen und freien Spiel ein. Draußen, in einer nicht von Menschen gebauten Welt, können Kinder fantasieren und träumen. Im freien Spiel in der Natur entfalten sich seelische, körperliche und geistige Potentiale der Kinder auf ganz besondere Weise. Hier spielen die Kinder aus der Pinguin-Gruppe ein wunderbares Zauberflötenkonzert auf Holzstöcken, balancieren als Esel über Holzstämme und suchen mit steinernen Schaufeln nach Insekten.
Im freien Spiel entdecken die Kinder die Umwelt auf ihre eigene Weise und messen ihr damit ihre persönliche Bedeutung zu. Das Neue und Unbekannte wird vertraut.
Naturerlebnisse in der Stadt – Brachflächen entdecken
Was tun, wenn man nicht in der Nähe eines Waldes oder gar Nationalparks lebt? Für das freie Spiel in der Natur braucht es nicht gleich einen ganzen Wald. Brachliegende Flächen, auf denen sich Kinder frei bewegen, wo sie ihre Entdeckungsreise selbst gestalten dürfen und das Spiel nicht vorgegeben ist, regen die Kreativität genauso an und ermöglichen ein ebenso sinnliches Erlebnis wie ein Besuch im Wald. Halten wir einfach die Augen offen – nach Wäldern, nach Bachufern, nach brachliegenden Flächen – und natürlich nach Krokodilen im Wiener Sumpfgebiet.
Der Evangelische Kindergarten Donaustadt
Der Evangelische Kindergarten Donaustadt liegt zwischen der U2-Station Aspernstraße und dem Bahnhof an der Erzherzog-Karl-Straße. Das moderne Holzgebäude beherbergt mehrere freundlich ausgestattete Gruppenräume, die die Kinder zum Spielen und Entdecken einladen. Große Glasfenster sorgen für viel Tageslicht und eine offene Atmosphäre. Im hauseigenen Garten und im großen Bewegungsraum können die Kinder ihre motorischen Fähigkeiten erproben.
Kontakt und Anschrift
Rittersporngasse 6 | 1220 Wien
E-Mail: kiga-donau@diakonie.at, Telefon: +43 (0)1 285 17 03, Fax: +43 (0)1 285 17 03 29
Öffnungszeiten
Montag- Freitag: 07:00-17:00
Nachweise
Fotos: Stefanie Meier, Diakonie Bildung
Rainer Brämer: Zur Naturentfremdung und der Wirkung von Landschaften: www.staff.uni-marburg.de/~braemer/