Kevin führt ein selbstbestimmtes Leben
- Story
Gut begleitet im Alten Martinstift
Kevin lebt gemeinsam mit Axel, Dieter und Regina in einer Vierer-Wohngemeinschaft des Diakoniewerks. Das Alte Martinstift, ein vor mehr als 130 Jahren in den Besitz des Diakoniewerks gelangter und laufend adaptierter Bauernhof auf dem Linzerberg über Gallneukirchen, ist ihr Zuhause geworden. Es ist gemütlich und hell. Alle vier haben jeweils ein eigenes Zimmer mit Bad. Eine große Wohnküche bildet den Mittelpunkt der WG. Tagsüber, wie nachts, unterstützen agogisch und pflegerisch ausgebildete Betreuer:innen bei allen Anliegen: von alltagspraktischen Themen über die Unterstützung bei der Pflege bis hin zur psychosozialen Begleitung und Freizeitgestaltung.
Der Alltag für Kevin
Kevin kam in der 26. Schwangerschaftswoche zur Welt. Seither lebt er mit einer kognitiven Beeinträchtigung im Autismus-Spektrum und wird seit seinem fünften Lebensjahr durch das Diakoniewerk in seiner Entwicklung unterstützt. Durch eine Fehlstellung der Füße ist es ihm nicht möglich, längere Zeit zu stehen. Deshalb ist er in der Wohnung auf allen Vieren unterwegs – und das sehr flink. Auswärts nutzt er einen wendigen Rollstuhl, den er geschickt bedient. Aufgrund einer Schluckstörung isst Kevin sein Essen in pürierter Form. Den Knopf des Pürierstabs betätigt er meist selbst. So "kocht" er sich seine Mahlzeiten zum Teil eigenständig.
Der Haushaltsraum der WG ist einer der Lieblingsorte des 15-Jährigen. Er sitzt vor der Waschmaschine und schleudert energisch Wäschestücke in die Trommel, die manchmal auch schon frisch gewaschen sind. Wenn sie läuft, drückt er sein Gesicht daran und nimmt die Vibrationen auf. Kevin liebt Ordnung, er hängt Wäsche auf den Ständer. Es fällt ihm nicht leicht, aber er macht es akkurat. In sein Zimmer, das er nach eigenem Wunsch spärlich eingerichtet hat, zieht sich der Teenager gerne zurück, wenn er für sich sein und Musik hören will. „Wenn sich sein gewünschter Tagesablauf einmal nicht organisieren lässt, kann er gereizt reagieren“, erzählt Johanna Pogoz.
Kevin macht gute Fortschritte
Johanna Pogoz, seine Betreuerin, freut sich über die Fortschritte, die Kevin seit seinem Einzug Ende 2022 gemacht hat. Er ist weniger auf einzelne Personen fixiert und kann sich auf Tätigkeiten besser konzentrieren, seine Frustrationstoleranz ist gestiegen. Auch die Schulnachricht der Martin-Boos-Schule, die Kevin besucht, zeigt seine positive Entwicklung. Kevin hat begonnen mittels Symbolkarten zu kommunizieren - alles noch sehr neu und in den Anfängen, aber es zeigt sich, dass Kevin dadurch Struktur im Tagesablauf erhält und das ist ihm wichtig. Mittels Symbolkarten teilt er zum Beispiel seine Wünsche für die Nachmittagsbeschäftigung mit. "Heute nachmittag möchte ich lieber im Hängesessel schaukeln anstatt mit dem Rollbrett zu fahren", erfährt die Betreuerin damit. Außerdem möchte Kevin gerne wissen, wer seine Betreuerin am nächsten Tag sein wird, dafür verwenden die Betreuer:innen Kärtchen mit Fotos. Er ist sehr wissbegierig und hat eine schnelle Auffassungsgabe, auch in der Schule hat er begonnen, mit den Symbolkarten den Schulalltag zu strukturieren. So hat er Überblick welche Aufgaben wann an der Reihe sind.
Für die Zukunft ist geplant, Kevin mithilfe eines Sprachausgabegeräts in der Kommunikation zu unterstützen. „Wir merken oft, dass er etwas erzählen will, aber nicht kann“, sagt Johanna Pogoz. Später kann Kevin, wenn er das möchte, mit Begleitung durch das Diakoniewerk einer Arbeit nachgehen – vielleicht in einer Werkstätte, vielleicht ganz woanders: ganz Kevins Kompetenzen und Wünschen entsprechend.
In unserer kleinen, gemischten Wohngruppe ist Kevin viel ruhiger geworden. Er ist kompromissbereiter, lässt Nähe zu und nützt Symbolkarten, um sich zu verständigen.