Inklusion, Vielfalt und Kreativität in der Gastronomie
- Story
Wenn Sie an Inklusion, speziell in der Gastronomie denken: Was kommt Ihnen dann als erstes in den Sinn?
Dass die Gastronomie das perfekte Arbeitsfeld für Menschen mit Behinderung ist. Sie haben einen interessanten Arbeitsplatz, können sich entfalten, und es gibt viele unterschiedliche Einsatzbereiche. Außerdem bekommen Sie rasch Rückmeldung von ihrem Umfeld, den Gästen - das ist das Tolle an der Inklusionsarbeit in der Gastronomie.
Man erkennt als Außenstehende:r nicht unbedingt, dass das Kulinarium oder Café & Bistro KOWALSKI Betriebe einer Sozialorganisation sind - ist Ihnen das wichtig?
Ja, das war es schon immer. Ich bin dem Diakoniewerk dankbar, dass durch diese Betriebe Menschen mit Behinderung eine Arbeitsmöglichkeit haben. Speziell in den Anfängen war es so, dass uns Leute etwas abgekauft haben, weil sie uns "etwas Gutes tun wollen", nicht weil sie unsere Leistung anerkennen. Dadurch, dass wir immer einen super Job gemacht haben, sind wir bekannter geworden. So hat es begonnen. Heute sind wir ein anerkannter Catering-Betrieb, der mit dem Mitbewerb sehr gut mithalten kann und wirtschaftlich gut aufgestellt ist.
Macht es also Sinn, wenn wir noch von inklusiven oder integrativen Betrieben sprechen?
Wir unterscheiden uns trotzdem von der Gastronomie am ersten Arbeitsmarkt. Unsere begleiteten Mitarbeiter:innen brauchen bei manchen Aufgaben mehr Anleitung, hier unterstützen die begleitenden Mitarbeiter:innen. Zusätzlich muss man auch ein Thema ansprechen, zu dem es leider immer noch keine Änderung gibt: In einem Integrativen Betrieb bekommen Menschen mit Behinderung nur eine Beschäftigungsprämie. Auch wenn wir das anders handhaben möchten, sind unsere Hände gebunden. Wir probieren immer Menschen mit Behinderung bei ihrem Wunsch nach einer Anstellung am ersten Arbeitsmarkt zu unterstützen. Oft scheitert es daran, dass es einfach ein raues Arbeitsfeld ist.
Arbeiten & Behinderung
Jeder Mensch – mit Behinderungen oder ohne – hat das Recht auf Arbeit.
Arbeiten zu können, sollte für Menschen mit Behinderungen selbstverständlich sein. Leider ist der Arbeitsmarkt in Österreich aber noch nicht inklusiv.
Was braucht es, damit Menschen mit Behinderung auch in der Gastronomie am ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können?
In erster Linie eine enge Anbindung an einen Job-Coach oder Mitarbeitende, die für sie zuständig sind und auch eine gewisse agogische Basisausbildung oder -fähigkeiten mitbringen, das heißt in der Begleitung geschult sind.
Was ist Ihre Erfahrung? Wollen Menschen mit Behinderung alle auf den ersten Arbeitsmarkt? Oder sind sie in Betrieben wie dem Kulinarium zufrieden, weil sie wissen, dass sie hier gut betreut werden?
Es kommt auf die Person an. Wir haben immer wieder jemanden, der es versuchen möchte, da organisieren wir auch Schnuppertermine. Wir sind froh, wenn jemand den Sprung schafft und wir den Wunsch durch das Wissen, das wir vermitteln, erfüllen können.
Apropos Wünsche: Wie funktioniert die Arbeitsaufteilung im Kulinarium? Wie sehr wird auf die Wünsche von Menschen mit Behinderung eingegangen?
Die Frage kann ich gut mit einem Beispiel beantworten: Wir haben eine Dame in Integrativer Beschäftigung, die sehr gerne Gemüse schneidet. Sie hatte nur das Problem, dass sie sich dabei oft in den Finger geschnitten hat. Wir haben hier nach Lösungen gesucht, wie wir ihr den Wunsch trotzdem weiterhin erfüllen können, und haben ihr kurzerhand einen Kettenhandschuh gekauft. Bevor wir einer Person einen Wunsch abschlagen, suchen wir so lange nach einer passenden Lösung, bis wir sie gefunden haben.
Bevor wir einer Person einen Wunsch abschlagen, suchen wir so lange nach einer passenden Lösung, bis wir sie gefunden haben.
Sie sind schon so lange in der Behindertenarbeit und im Gastronomiebereich tätig. Was hat sich verändert, seit Sie begonnen haben? Und was ist der Wunsch für die Zukunft?
Ich habe bereits kurz darüber gesprochen, dass uns zu Beginn nichts zugetraut wurde. Wir haben Verkäufe gemacht, weil man uns etwas Gutes tun wollte. Über die Jahre haben wir aber immer mehr Leute kennengelernt, wurden weiterempfohlen und so haben wir gezeigt, dass wir ein ganz normaler Catering-Betrieb sind. Die Integrativen Mitarbeiter:innen sind anders wahrgenommen worden und es haben sich Stammgäste entwickelt. Das alles hat auch dazu beigetragen, dass sich die Botschaften, die wir in die Welt hinaustragen, verändert haben. Wenn wir uns so weiterentwickeln können, wie wir es in den vergangenen Jahren gemacht haben, ist das für beide Seiten gut. Ich bin froh, dass wir das behalten können, was wir haben, wir gute Qualität liefern und wettbewerbsfähig sind. Ich freue mich, dass wir Menschen mit Behinderung etwas lernen können, dass sie eine Freude dabei haben und vielleicht manchmal den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen. Viel größer muss ich die Wünsche momentan nicht formulieren - wir gehen Step by Step. So wie es läuft, läuft es gut.
Der Fachbegriff "erster Arbeitsmarkt" bezieht sich auf den regulären Arbeitsmarkt. Im Gegensatz dazu gibt es den zweiten oder dritten, der geschützte und geförderte Arbeitsplätze bietet.
Von den Anfängen der Gastronomie im Diakoniewerk
Im Diakoniewerk gibt es mehrere Gastronomiebetriebe. Begonnen hat alles mit dem Kulinarium Engerwitzdorf, damals noch KOMBÜSE (KOchen Mit BÜgeln und SErvieren) in der Werkstätte in Gallneukirchen und der damaligen SOB als erster Standort außerhalb der Werkstätte. Initiiert wurde das Projekt von Gerhard Winkler, jetzt Regionalleiter der Seniorenarbeit Linz und Leitung Internationale Standorte und Projekte.
Weitere Standorte des Kulinariums folgten 2006 in Kitzbühel und 2008 in Salzburg, 2018 wurde in Salzburg auf zwei Standorte erweitert. Das Café & Bistro KOWALSKI in Gallneukirchen wurde 2015 eröffnet, 2018 erhielt dann auch das Café & Bistro KOWALSKI Panoramabar in Salzburg-Lehen diesen Namen. 2020 wurde das Café & Bistro KOWALSKI Kitzbühel als neuer Standort für die Berufsvorbereitung in Kitzbühel aufgebaut und 2021 eröffnet.