"Ich bin froh, dass ich selbstständig lebe" - Leben in der "Lebendigen Nachbarschaft" der Diakonie

  • Story
26. Mai 2020
Irene Friedel wohnt in der "Lebendigen Nachbarschaft" der Diakonie.

Ich bin gerade 40 geworden. Geboren bin ich in Japan, weil mein Papa Dolmetscher für Japanisch und Englisch war. Aber ich bin dann schon bald nach Österreich gekommen und mit 11 oder 12 bin ich zu meinen Pflegeeltern gekommen. Wir sind unseren Eltern von der Fürsorge abgenommen worden. Seit dem war ich in der Pflegefamilie, sie leben auf einem Bauernhof. Ich habe 4 Geschwister, die eigene Kinder von den Pflegeeltern sind, und wir haben alle noch immer viel Kontakt.

In die Volksschule bin ich in Gallneukirchen gegangen. Dann war ich in Linz, und dann war ich in St. Elisabeth, bevor ich dann ins Diakoniewerk gekommen bin, vor 10 Jahren.

Meine Arbeit

Ich arbeite schon lang im Kulinarium. Zuerst in Gallneukirchen, jetzt in Linz. Und bald müssen wir dann nach Engerwitzdorf übersiedeln ins ServiceCenter. Ich mache oft belegte Brote. Ich werd eingeteilt und arbeite immer von 8 – 16 Uhr. Es gibt viel Abwechslung und ich mach das sehr gern.

Meine Freizeit und der Urlaub

In meiner Freizeit geh ich gern in den Streichelzoo vom Diakoniewerk, und manchmal geh ich ins Freibad schwimmen. Im Sommer war ich mit „Betreute Reisen“ auf Urlaub am Klopeiner See. Aber so ein Urlaub kann auch anstrengend und zu wenig gemütlich sein. Weil man da bei den Ausflügen immer weit mit dem Bus fahren muss. Besser wäre, wenn die Ausflüge nicht so weit sind. Die kleineren Ausflüge zum Wörthersee oder nach Minimundus gefallen mir besser.

Ich wohne selbständig

Wohnen tu ich jetzt selbständig. Zuerst habe ich in einer FrauenWG gewohnt mit zwei weiteren Damen. Jetzt wohne ich in einer eigenen Wohnung in LeNa, das ist die "Lebendige Nachbarschaft", die gehört zur Diakonie. Weil ich selbständig lebe, muss ich jetzt auch mit allerhand Sachen zurande kommen. Manchmal gibt’s Schwierigkeiten mit den Nachbarn. Jetzt ist mein Keller schmutzig, weil die Nachbarn Hasen haben, aber die Nachbarn wollen nix dagegen tun. Der Müllplatz ist auch oft schmutzig, das schaut nicht schön aus. Ist zwar nicht meine Sache, aber trotzdem.

Jedenfalls bin ich trotzdem jetzt froh, dass ich selbständig lebe. Ich krieg öfter Besuch in meiner Wohnung von meiner leiblichen Mutter, von den Pflegeeltern. Besonders schön ist beim selbständig leben, dass man seine Ruh hat, wenn man heimkommt.

Es gibt auch Räume, wo wir gemeinsam feiern können. Aber meinen 40er habe ich in der Werkstatt im Diakoniewerk gefeiert. Was ich gut kann ist Becherguglhupf backen. Ich bin nur mit der Herz-Tortenform ein bisschen hilflos. Weil ich nicht weiß, wieviel Teig hinein muss. Und mit Muffins tu ich mir auch schwer. Und einmal wollte ich mir Honigmilch machen, und dann hab ich übersehen, dass ich beim Herd bleiben muss. Und dann hatte ich richtig Panik. Da brauch ich dann Hilfe.

Wer mir hilft

Ich hab auch eine Assistentin, die mir hilft mit Banksachen, mit Arztsachen, und beim Gewand einkaufen und so.

Wenn ich Schwierigkeiten hab, dann hilft mir in der Arbeit oft die Psychologin. Und da, wo ich wohne, gibt es zwei Frauen, die auch helfen, wenn´s was gibt. Ich kann mit ihnen reden, wenn ich mit den Nachbarn nicht ganz zusammenkomm. Dann reden die auch mit den Nachbarn.

Einkaufen und die Sache mit dem Geld

Mein Alltag ist so, dass ich Montag bis Freitag Mittagessen krieg. Samstag und Sonntag mach ich mir selber was. Und am Abend auch. Ich geh einkaufen. Aber ich muss mit 40 Euro auskommen. Das ist eher schwierig bei mir, da muss ich mir mit der Hausleiterin gemeinsam was überlegen. Weil ich komm damit einfach nicht aus. Ich muss sie fragen. Ich hab's ihr noch nicht gesagt. Vielleicht soll ich vorschlagen, dass ich mit 50 Euro vielleicht besser auskomme. - Wenn ich was Größeres brauch, Friseur, Fußpflege, Gewand, Schuhe geh ich immer mit dem Sparbuch.

Die schöne Umgebung

Was mich sehr freut, ist die wunderbare Wiese vor meinen Fenstern, da kommen ganz viele Rehe aus dem Wald. Das sind meine Haustiere. Die machen mir viel Freude.

Aber es ist so, dass da gebaut werden wird. Und ich kann mich dagegen nicht wehren. Ich hab schon bei den Grünen gefragt, und bei meinem Bürgermeister war ich auch. Aber man kann nix machen. Das ist sehr ärgerlich. Weil es so schön ist jetzt.

Wir bringen Menschen zusammen, die sich gegenseitig unterstützen. Gute Nachbarschaft heißt, niemanden alleine lassen. Gute Nachbarschaft heißt, miteinander ins Gespräch kommen.

Die Diakonie engagiert sich in Grätzelinitiativen, sozialraumorientierten Projekte, Nachbarschaftshilfe, Quartier- und Community-Arbeit. Im Mittelpunkt stehen Stärkung und Teilhabe: "Tue alles dafür, dass Menschen können, was sie tun wollen."

Wie gute Nachbarschaft entsteht und wirkt, erzählen wir in den Geschichten hier.

Autor:innen

Irene Friedel
Selbstvertreterin, Menschen mit Behinderung