Geordnete Rettung statt scheinbarer Hilfe vor Ort
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Mit Soforthilfe für Moria werde "konkret dort geholfen", wo die Hilfe am nötigsten ist, während anderswo noch diskutiert wird, ob in ein paar Monaten einige Flüchtlinge aufgenommen werden, sagte der Außenminister im September.
Tatsche ist: Sechs Monate nach dem Brand des Lagers Moria leben 6.000 Menschen im provisorischen Lager "Moria 2" / Kara Tepe im absoluten Elend. Es fehlt an allem: An Essen, an trockenen, warmen Unterkünften, an medizinischer Versorgung.
Er fühle sich wie Abfall, sagt ein junger Mann aus Angola, der endlose physische und psychische Folter durchgemacht hat, mehrmalige Vergewaltigungen inklusive, nur, weil sein Vater Regimekritik geübt hat.
Knapp ein Drittel der Menschen, die dort leben müssen, sind Kinder und Jugendliche. Kinder, die apathisch in ihren Zelten liegen, nicht mehr spielen, nicht mehr sprechen. Kinder, die sich das Leben nehmen wollen. Fast 50 waren es allein letztes Jahr in Moria 2.
Hilfe, die keine ist
Über 55 Tonnen an Hilfsgütern seien in Griechenland angekommen, sagte der Innenminister. Tatsache ist: 6.000 Menschen schlafen auf engstem Raum auf Platten und Decken in Zelten. Es gibt keine Kochgelegenheiten, Gemeinschaftseinrichtungen oder Aufenthaltsräume. Von den 400 von Innenminister Nehammer medienwirksam ins Land geflogenen Zelten sind gerade mal 25 in Kara Tepe aufgestellt. Die mitgelieferten Heizgeräte sind mit 3.000 Wattstunden strombetrieben und damit in einem Lager ohne ausreichende Stromversorgung unbrauchbar.
Die 180 Wohn und Sanitärcontainer seien ebenfalls ein Faktum, um die Umstände vor Ort zu verbessern, sagte der Innenminister.
Tatsache ist: Um sich zu waschen, müssen sich die Menschen in Moria 2 mitten im Winter einen Kübel Wasser hinter provisorischen Planen über den Kopf leeren. Dabei liegen die Termperaturen auf Lesbos im Winter nachts um den Gefrierpunkt.
Politik der Abschreckung
Die Aufnahme von geflüchteten Menschen aus überfüllten griechischen Lagern sei Symbolpolitik, sagte der Innenminister.
3.679 Geflüchtete aus Griechenland wurden in Ländern der Europäischen Union aufgenommen. Österreich weigert sich weiterhin, auch nur eine einzige Person aufzunehmen. Aus Gründen. Und diese Gründe heißen: Politik der Abschreckung.
Zu dieser Politik der Abschreckung gehören die menschenwürdigen Zustände in den Lagern auf den griechischen Inseln und die Verweigerung der Aufnahme. Zwei Seiten einer Medaille.
Gebot der Humanität
Versagt die Politik? Nein. Denn versagen würde zumindest ein Bemühen implizieren.
Es gibt höchstens ein Scheinbemühen, genannt Hilfe vor Ort. Die menschenunwürdigen Zustände sind gewollt. Moria/Kara Tepe ist kein Politikversagen, sondern ein Versagen der politischen Moral.
Moria/Kara Tepe ist ein Verrat an einer Flüchtlingspolitik, die die Menschenrechte und die Genfer Flüchtlingskonvention achtet, ein Verrat an den Werten, auf die unser Europa gebaut ist.
Die Humanität gebietet es, endlich an nachhaltigen solidarischen Lösungen für eine europäische Flüchtlingspolitik zu arbeiten. Bis es soweit ist, müssen die Menschen aus der Hölle auf europäischem Boden evakuiert werden.
Geordnete Rettung!
Wie das geht, zeigt der "Plan für eine geordnete Rettung", den die Initiative Courage ausgearbeitet hat.
Der 6-Punkte-Plan ist ein Gegenkonzept zur Angstmache und Verunsicherung, wie sie von politischer Seite geschürt wird. Die österreichische Zivilgesellschaft ist bereit, die Rettung, Unterbringung, Versorgung und Integrationsbegleitung von Geflüchteten zu übernehmen. "Man muss uns nur lassen. Nachdem die Hilfe vor Ort nicht funktioniert hat, wird es Zeit, die Hilfe im Ort zu ermöglichen. Denn Wegschauen und Untätigkeit führen letztlich zu einer Verschärfung der Lage", formulierte sehr treffend die Schauspielern Katharina Stemberger anlässlich der Vorstellung des 6-Punkte Rettungsplans.
Der Plan für die geordnete Rettung von Menschen, die in den Lagern auf den griechischen Inseln in menschenwürdigen Umständen dahinzuvegetieren gezwungen sind, ist alternativlos. Es gibt keinen Plan B.
Der Plan zur geordneten Rettung liegt auf dem Tisch. Die Zivilgesellschaft steht bereit. Die Politik muss das Retten von Menschenleben endlich zulassen.
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Evakuieren. Jetzt.
Auf den griechischen Inseln spielt sich in den Flüchtlingslagern ein Menschenrechts-Skandal ab. Es gibt schon die Ankündigung der griechischen Regierung, dass es sich nicht ausgehen wird, dass das geplante neue Lager vor dem nächsten Winter fertig wird. Das heißt, den Menschen steht der nächste Winter in dieser grauenhaften Situation bevor. Hunderte Menschen im Lager Kara Tepe froren und hungern im vergangenen Winter. Die Diakonie fordert die sofortige Evakuierung aller Lager in Griechenland.
Autor:innen
Pfarrerin Dr.in Maria Moser MTh
Direktion & GeschäftsführungDirektorin Diakonie Österreich