Flüchtlingen auf dem Weg zum ersten Job Hilfe anbieten macht Sinn

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21. Juni 2024
Ein Rechtsanspruch auf Integrations-Hilfen von Anfang an würde dem Arbeitsmarkt guttun.

Wenn es um die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt geht, steht sich unser Land oft selbst im Weg. Die Menschen, die gern arbeiten und sich selbst erhalten möchten, treffen auf viele Hürden. Und diese sind kaum überwindbar.
Derzeit haben Flüchtlinge erst einen Anspruch auf Deutschkurse, wenn sie – oft nach Jahren – Asyl oder einen anderen Schutzstatus erhalten. Was es sonst an Hilfestellung bei der Integration gibt, ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Was überall gleich ist, ist der Wettlauf gegen die Zeit. Bis zu ihrer Asylanerkennung sind Geflüchtete in staatlichen Quartieren (Grundversorgung) untergebracht. Sie dürfen kein Geld verdienen. Denn Voraussetzung für einen Schlafplatz ist die (wirtschaftliche) Hilfsbedürftigkeit.

Ab dem Tag der Aslyanerkennung muss es dann schnell gehen mit der Integration

Dann aber, ab dem Tag der Asylanerkennung tickt die Uhr. Dann gilt es innerhalb von vier Monaten auf eigenen Beinen zu stehen. Also: eine Wohnung anmieten, Deutsch lernen und eine Arbeit finden – alles gleichzeitig und in kürzester Zeit. Für viele ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Für sie bietet die Sozialhilfe dann zwar ein Auffangnetz, doch viel besser wäre es, bereits die Zeit vor der Asyl-Anerkennung zur Integration zu nutzen.
Manche von ihnen bringen aus ihren Heimatländern bereits gute Qualifikationen mit, andere sind jung und wissbegierig, sie möchten eine Ausbildung machen und sich ein Leben in Sicherheit und Frieden aufbauen.

Die Zuverdienstgrenze während des Asylverfahrens ist eine Integrationsbremse

Derzeit verunmöglicht das Unterbringungssystem für Asylsuchende, die Grundversorgung, dass Mensche Arbeit finden. Nur 110 Euro pro Monat dürfen sie verdienen. Kostenlose Deutschkurse gibt es ausschließlich für syrische Staatsangehörige, weil ihre Anerkennungswahrscheinlichkeit hoch ist. Allerdings gibt es die Kurse auch nur nach Maßgabe der Kapazitäten des ÖIF (Integrationsfonds).

Rechtsanspruch auf Integration als Schlüssel

Wäre es nicht viel besser, wenn dieses schlummernde Potenzial genutzt werden könnte? Wenn Kompetenz-Checks schon am Beginn des Aufenthaltes stehen und Deutschkurse ab dem 1. Tag starten würden?
Wäre es nicht viel besser, wenn individuelle Integrationsberatung und ein Integrationsplan für jede Person festgelegt würde? Und wenn Integrationskurse schon während des Asylverfahrens zugänglich wären? Wäre es nicht vernünftig, dass es auf all das einen Rechtsanspruch gibt?

Asyl und Aufenthaltsrecht entkoppeln

Wäre es deshalb nicht klug, wenn das Asylverfahren vom Aufenthaltsrecht entkoppelt wäre? Wer die Kriterien zur Erteilung einer Rot-Weiss-Rot Karte Plus erfüllt, sollte ein Aufenthaltsrecht bekommen. Es ist ja einigermaßen absurd, Menschen die eine beispielsweise eine Pflegeausbildung in Österreich absolvieren, abzuschieben wenn ihr Asylverfahren negativ ausgegangen ist. Wer die Voraussetzungen erfüllt, sollte also einen Inlandsantrag auf Erteilung einer RWR Karte+ stellen dürfen. Wozu Menschen aus fernen Ländern anwerben, wenn sie bereits im Land sind, oder sich während der Wartezeit im Asylverfahren für dringend benötigte Jobs qualifizieren?

Während Österreich alles Mögliche in Bewegung setzt, Menschen aus entlegenen Weltteilen als Fachkräfte anzuwerben, gibt es Asylsuchende, die bereits im Land sind und oft Jahre auf den Ausgang ihres Verfahrens warten, keinen Zugang zu Deutschkursen, geschweige denn zu Beschäftigung haben.

Wir müssen alte Glaubenssätze und Dogmen überwinden

Leider herrschen hierzulande einige veraltete Dogmen, die aus vielen Jahren der Flüchtlingsabwehr stammen. Glaubenssätze wie: „Flüchtlinge nehmen unseren Leuten die Arbeitsplätze weg“, sind stark. Sie zu überwinden wird aber notwendig sein. Denn heute ist es umgekehrt: Arbeitskräfte fehlen an allen Orten. Und wenn die Arbeitskraft und die Talente genutzt werden sollen, die da sind, muss sich einiges ändern.

Autor:innen

Mag. Christoph Riedl
Grundlagen & Advocacy
Sozialexperte Migration, Asyl, Integration, Menschenrechte