Ein Netzwerk für Menschen mit Demenz
- Story
Ein gutes Zusammenspiel im Netzwerk ist wichtig
„Wir als Tagesbetreuung sind eine Schraube, ein Teil dessen, dass das gesamte Arrangement gut funktioniert“, erzählt Ingrid Ferstl von der Tagesbetreuung der Diakonie in Graz, „aber oft braucht es bei alleinlebenden Menschen mit Demenz drei oder mehr fachkundige Partner, die ineinandergreifen.“ Dies reiche von der Tagesbetreuung bis zum umsichtigen Fahrtendienst, der mehr sein muss als nur ein Taxi, wenn der Fahrgast mit Demenz an die Wohnadresse aus der Kindheit gebracht werden will.
Zum Beispiel Frau W.: Sie besucht die Tagesbetreuung der Diakonie bei Ingrid Ferstl und ihrem Team. Mit dem Taxi kommt sie in der Früh im Haus am Ruckerlberg an, verbringt den Tag in Gesellschaft mit unterschiedlichen Angeboten wie Gedächtnistraining, Erzählrunden oder Spaziergängen. Auch für Mahlzeiten ist gesorgt und für Unterstützung bei Alltagshandlungen wie Schuhe anziehen oder Haare kämmen.
Diese Hilfe untertags ist gut, aber das allein wäre für die alleinlebende Frau nicht genug: Zweimal in der Woche erhält sie auch Besuch von Marlies Rüdisser, einer niederschwelligen alterspsychiatrischen Betreuung zuhause. „Wir unterstützen Frau W. zum Beispiel bei Arztbesuchen, oder wir begleiten sie auf die Bank.“ Haushaltstätigkeiten oder Pflege gehören nicht dazu, sehr wohl aber „stellen wir Kontakte zu anderen Diensten her, wie zur Tagesbetreuung oder zu Essen auf Rädern“, beschreibt Marlies Rüdisser das Angebot. „Als mobiler Dienst können wir manches nicht allein leisten, wie etwa auf eine adäquate Ernährung achten, das geht nur gemeinsam mit der Tagesbetreuung“.
Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Diensten ist sehr wichtig. Für Ingrid Ferstl ist die Zusammenarbeit klar ein Vorteil, „weil wir so die Gegebenheiten unseres Tagesgasts zuhause besser kennenlernen und schneller erfahren, wo wir in der Begleitung anknüpfen können“.
Kreativität ist im Umgang mit Menschen mit Demenz eine große Hilfe
Manchmal ist in der Begleitung von Menschen mit Demenz auch eine Portion Kreativität gefordert. Zum Beispiel, wenn die abgewetzte Lieblingsgeldtasche abhandenkommt und Marlies Rüdisser im Verschenkladen ums Eck ein ähnliches Modell findet. Oder wenn Ingrid Ferstl in der Tagesbetreuung manchmal auch sozialarbeiterische Aufgaben übernimmt und dem Tagesgast bei der Bestellung von Heizöl assistiert, wie es einmal schon der Fall war.
Mobile Dienste unterstützen ein Leben in den eigenen vier Wänden
Der mobile Dienst ist für Ingrid Ferstl die „Brücke in die Häuslichkeit“. Aber wo liegen die Grenzen dieses Arrangements? Wie wohl und orientiert fühlt sich der Tagesgast noch in den eigenen Wänden, wie schafft er oder sie den Weg in die Tagesbetreuung? Funktionieren die Medikamenteneinnahme oder der Umgang mit dem Herd? Sind Vorkehrungen wie eine automatische Herdabschaltung nötig? Fragen, die der mobile Dienst beantworten kann.
In der Begleitung von Menschen mit Demenz müssen wir permanent wahrnehmen: wo ist Selbstbestimmung möglich, wo muss ich als Dienst Entscheidungen begleiten, aber wo muss ich in der Begleitung auch einmal vorausgehen.
Demenzfortschritt erkennen und gut einschätzen
Besuche am Abend geben laut Marlies Rüdisser am besten Auskunft darüber, ob die eigene Wohnung für den Menschen mit Demenz noch ein sicherer Ort ist. „Sind die Menschen am Abend entspannt und lesen, oder sind sie unruhig oder ängstlich, dann können wir als mobiler Dienst oder Tagesbetreuung nichts mehr kompensieren“. Problematisch wird es auch dann, wenn keine dem Wetter angemessene Kleidung mehr gefunden wird, oder Menschen mit zwei verschiedenen Schuhen in der Tagesbetreuung ankommen. „Dann muss man sensibel vorgehen, und einerseits die Menschen nicht beschämen, andererseits aber auch klar erkennen: ab wann ist Gefahr in Verzug und dann rasch handeln“, so Marlies Rüdisser.
Demenzbegleitung: Entscheidungen im Netzwerk gemeinsam treffen
Da ist es gut, wenn Verantwortung zwischen den Partnern geteilt und Entscheidungen nicht allein getragen werden müssen, sondern gemeinsam als Netzwerk, „denn durch unsere Arbeit greifen wir stark in das Leben eines Menschen, in ihren eigenen Raum ein“, so Ingrid Ferstl. Marlies Rüdisser ist überzeugt davon, dass „Menschen mit Demenz viele Ressourcen haben, bei manchen kann es zuhause noch Jahre gut funktionieren.“ Und diese Arrangements seien – auch finanziell - immer noch eine günstigere Alternative als das Pflegeheim.
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Für ein gutes Leben mit Demenz. Online-Ratgeber der Diakonie.