Ein kleines Wunder inmitten der Zerstörung

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05. Juni 2014
Die Zerstörung in den kleinen Dörfern rund um Šabac, Serbien ist groß. Mitarbeiter der Diakonie Katastrophenhilfe waren mit einer Partnerorganisation vor Ort und berichten von ihren Eindrücken.

Bei der Verteilung von Hilfspaketen mit unserem ACT Alliance Partner Philanthropy in der Region um Šabac wird das Ausmaß der Zerstörung besonders sichtbar. Die betroffenen Familien, die wir besuchen sind den Tränen nahe und wirken kraftlos, wenn sie uns über das Erlebte erzählen. „Es ging alles sehr schnell. Innerhalb von nur 15 Minuten ist das Wasser fast einen Meter angestiegen. Niemand hat uns gewarnt,“ berichtet ein Familienvater. Um der Flut zu entkommen, nahm er seine Mutter auf den Rücken und seinen kleinen Sohn auf dem Arm. Er hatte das Haus und den Garten erst vor einem Jahr komplett neu renoviert und viel Geld und Zeit investiert. Jetzt muss er alleine für den Schaden aufkommen.

Die Stadt Šabac selbst hat mehr als 30.000 Einwohner und es konnte vor der Flut mit Sandsäcken und der Mitarbeit von tausenden Freiwilligen geschützt werden. Im Ort gibt es alte Chemiefabriken die Kunstdünger produzieren. Eine Überschwemmung dieser Anlagen hätte zusätzlich eine schwere ökologische Katastrophe nach sich gezogen.

Danke, dass ihr uns helft und uns nicht vergesst. Ihr seid die ersten Helfer, die wir hier sehen.

Bewohner:innen von Sabac

So gut es gelungen ist den Stadtkern und die Industrie von Šabac zu schützen, so sehr hat es leider die umliegenden kleinen Dörfer und die dort ansässigen Bauers- und Arbeiterfamilien betroffen. „Danke, dass ihr uns helft und uns nicht vergesst. Ihr seid die ersten Helfer, die wir hier sehen,“ diesen und ähnliche Sätze hören wir nicht nur einmal auf unserem Weg durch die teils noch immer schwer überflutete Region. Auch hier steht das Wasser noch in Häusern und ist stark verschmutzt. Der faulende Gestank ist besonders stechend. Auch der Großteil der Acker- und Anbauflächen wurden zerstört und verseucht. Nichts darf aus dieser Region mehr verkauft werden. Schadenersatz gibt es keinen. 

Sie wussten instinktiv was zu tun war

Auf unserem Weg begegnen wir einer Familie, die in all der Verzweiflung von einem kleinen Wunder zu berichten hat. 

Durch das Hochwasser wurden zahlreiche Landwirtschaften zerstört. Die Kühe in diesem Stall überlebten die Flut nur durch ein kleines Wunder. / © Ben Nausner

Auch bei ihnen stieg das Wasser innerhalb von Minuten um einen Meter an. In ihrem Kuhstall drang das Wasser sofort ein. Mehr als 30 Kühe und Kälber waren vom Ertrinken bedroht. Der Bauer löste sie von ihren Ketten und führte sie aus dem Stall. Wie von selbst wussten die Kühe instinktiv was zu tun war und kletterten nacheinander, Kuh für Kuh, eine Steile Treppe hinauf, die zu einem Raum unter dem Dachstuhl führte. Nach kurzer Zeit befanden sich in dem Raum alle 30 Kühe, keine musste in der Flut verenden. Am vergangenen Freitag wurden sie mit Hilfe eines Gabelstaplers vom Obergeschoß wieder in den Stall zurück gehoben.

Partner helfen Lebensgrundlagen zu schaffen

Die Familie ist sehr dankbar für das kleine Wunder. Es hat ihnen die Lebensgrundlage gesichert. Doch die Flut hat all ihr Futter für die Kühe zerstört. Unsere Partnerorganisationen werden hier helfen und Futter bzw. Schnellsaatgut zur Verfügung stellen, um die Tiere über die kommenden Wochen und Monate zu bringen. Die Absicherung der Lebensgrundlagen und Einkommensmöglichkeiten ist von besonderer Wichtigkeit um neue Perspektiven entwickeln zu können und die Menschen beim Wiederaufbau zu unterstützen.

 

Zum Autor: Ben Nausner, damals Mitarbeiter der Diakonie Katastrophenhilfe, hat der Ende Mai 2014 die Katastrophenregion besucht.

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