„Der Zivildienst hat mich reifer gemacht.“

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25. Mai 2020
Zivildienst im 's Häferl, einem Zufluchtsort für Menschen in Not.

"Ich helfe pro Woche ein bis zweimal im 's Häferl mit. Im Häferl bekommt jeder eine warme Mahlzeit. Ich kenne viele der Gäste und die meisten Gäste kennen mich. Ich bin 20 Jahre alt, gehöre aber schon fast so zum Häferl wie die Töpfe und das Aquarium – das erste Mal war ich mit 13 Jahren da, als Konfirmand.

Damals bin ich nicht immer mit allen Gästen gut klargekommen. Aber je öfter ich da war – und je mehr ich auch mit Kolleginnen und Kollegen zusammengearbeitet habe, umso entspannter wurde ich. Irgendwann habe ich mich dann hingesetzt und mit den Gästen gequatscht.

's Häferl ist eine Familie

Wer obdachlos ist, ist nicht automatisch von Drogen abhängig oder trinkt. Die Wege in die Obdachlosigkeit sind vielfältig. Und nicht jeder Gast ist obdachlos. Einige haben Schulden übernommen. Manche kommen, weil sie einfach nicht genügend verdienen, um sich zumindest einmal am Tag eine warme Mahlzeit leisten zu können. Auch MindestpensionistInnen kommen zu uns in 's Häferl.

Dass ich hier auch meinen Zivildienst machen würde, war mir nicht von Anfang an klar. Einige meiner Freunde wollten, dass ich mit ihnen abhänge und um die Häuser ziehe, anstatt immer wieder in 's Häferl zu kommen. 'Ach, das Wetter ist so schön, sag halt, du bist krank.' Da ist mir plötzlich klar geworden, was mir das Häferl bedeutet.

Klar hab ich mich für 's Häferl entschieden. 's Häferl ist eine Familie.

Offenheit

Im Zivildienst sind das Häferl und ich noch mehr zusammengewachsen. Der Zivildienst hier hat mich reifer gemacht. Stressresistenz, Selbstständigkeit, Organisationstalent, Zeitmanagement, Menschenkenntnis – das sind einige der Eigenschaften, die ich mitgenommen habe.

Aber vor allem bin ich offener geworden. Früher war ich ziemlich schüchtern und oft unsicher. Manchmal hab ich mich versteckt. Im Häferl kann jeder und jede so sein, wie er oder sie sein möchte. Du bist willkommen, so, wie du bist. Das gibt es nicht oft.

's Häferl ist da

Ich habe gelernt, ich zu sein und mich nicht für andere zu verstellen. Ich bin so, wie ich mich wohlfühle. Das ist es, was das Häferl ausmacht.

Es sind schon sieben Jahre, die mich und 's Häferl verbinden!

's Häferl war da, als ich in der Schule Stress hatte. 's Häferl war da, als ich meinen ersten großen Liebeskummer hatte. 's Häferl war da, als mein Papa einen Herzinfarkt hatte. 's Häferl war da, als ich wegen Corona einen langen Dienst nach dem anderen im Supermarkt hatte und dringend Abwechslung brauchte. Wie gesagt: 's Häferl ist eine Familie.

Hier gibt es immer jemandem, der dir zuhört und dir einen Rat geben kann. Hier musst du dich nicht verstellen. Deswegen komm ich her. Und weil es nichts Schöneres gibt, als jemandem mit einer Mahlzeit ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern."

Alexander Altenriederer hat seinen Zivildienst 2020 im 's Häferl der Diakonie in Wien gemacht.

© Florian Hoflehner

Zivildienst in der Diakonie

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