Demenz: Mit Kräuterduft an Erinnerungen anknüpfen

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20. September 2023
Pflege, vor allem für Menschen mit Demenz, braucht viel Professionalität und Einfühlungsvermögen. In den Altenwohn- und Pflegeheimen der Diakonie de La Tour gehört zudem Biografiearbeit zur Voraussetzung für individuelle Pflege.

„Ich habe immer ein Programm für die Bewohner:innen vorbereitet. Aber meistens kommt es dann ganz anders“ sagt Beatrix Wassermann-Hasslacher mit einem verschmitzten Lächeln. „Das macht aber nichts. Das Ziel ist es ja, dass die Bewohner:innen sich in unserer gemeinsamen Zeit einfach wohl fühlen und deshalb richte ich mich da ganz nach ihren Wünschen und Bedürfnissen.“ Die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin bietet die sogenannte Einzelaktivierung an. Was am Papier sehr förmlich klingt, ist in Wirklichkeit ein sehr persönliches und individuell gestaltetes Programm für Bewohner:innen im Altenwohn- und Pflegeheim Haus Maria Gail der Diakonie in Kärnten.

Die Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt

Fast immer beginnt die Einheit mit einem Spaziergang. Im weitläufigen Garten oder in den Nebenstraßen der ruhigen Siedlung. „Bewegung ist für viele Menschen mit Demenz besonders wichtig. Wenn wir gemeinsam eine Runde spaziert sind, können sich die Bewohner:innen anschließend besser auf das gemeinsame Programm konzentrieren“ erklärt sie. Diese Aktivitäten können vielfältig sein und orientieren sich ganz an den Bedürfnissen der Bewohner:innen. Einige malen gerne, andere haben sich früher mit der Verarbeitung von Kräutern beschäftigt, gesungen oder ein Instrument gespielt. Für all das ist Beatrix Wassermann-Hasslacher bestens vorbereitet. „Ich habe einen eigenen Schrank im Haus Maria Gail, in dem mein Krimskrams für alle möglichen Aktivitäten gelagert ist. So bin ich immer für etwaige Programmänderungen vorbereitet“ lacht sie und erzählt, dass sie in der Arbeit mit den Bewohner:innen nach vielen Jahren im Krankenhaus jetzt eine neue Berufung gefunden hat.
Heute rebelt sie beispielsweise mit Frau M., einer Bewohnerin im Haus Maria Gail, getrocknete Kräuter ab. Das stimuliert nicht nur die motorischen Fähigkeiten von Frau M., sondern durch die angenehmen Düfte der Kräuter auch ihre Sensorik. Frau M. hat Demenz, aber wenn sich die beiden Frauen mit den Kräutern beschäftigen ist es, als würde sie plötzlich für den Augenblick aus ihrer sonst stillen Welt zurückkehren. Wenn sie die Pflanzen betrachtet und angreift, ist sie plötzlich ganz bei der Sache und stimmt sogar in Reime und Lieder mit ein. Man merkt, dass Pflanzen und Kräuter in ihrer Vergangenheit eine große Rolle gespielt haben müssen.

Die individuelle Biografiearbeit ist die Basis für unser Tun. Wenn wir wissen, was den Bewohner:innen in ihrer Vergangenheit wichtig war – oder was sie vielleicht auch gar nicht gemocht haben – dann ist das ein wichtiger Schritt, um das Verhalten der Bewohner:innen zu verstehen und uns auf ihre individuellen Bedürfnisse einzustellen.

Beatrix Wassermann-Hasslacher

So individuell wie die Menschen selbst

Die biografische Aufarbeitung der Lebensgeschichte der Bewohner:innen, die sogenannte Biografiearbeit, ist daher wesentlicher Bestandteil in allen Pflegeeinrichtungen der Diakonie de La Tour. Auch wenn Menschen sich verbal nicht mehr mitteilen können, hilft das biografische Verstehen ihrer Vergangenheit, die Pflege individuell anzupassen. Auch für Menschen mit stark fortgeschrittener Demenz bietet Beatrix Wassermann-Hasslacher die Einzelstunden an. Wenn verbale Verständigung nicht mehr möglich ist, spüren die Bewohner:innen dennoch ihre Anwesenheit. „Wenn man Menschen, die nicht mehr ansprechbar sind, über den Arm streicht, wirkt die Berührung über die Rezeptoren der Haut beruhigend. Man findet so einen Zugang zu der Person“ erklärt Beatrix Wassermann-Hasslacher, wie sie auch für bettlägerige Menschen die Betreuung ganz individuell an deren Bedürfnisse anpasst.

Zwei Männer mit Gitarren.
Für ein gutes Leben mit Demenz. / © IDENTUM

Demenz: Online-Ratgeber

Für ein gutes Leben mit Demenz. Online-Ratgeber der Diakonie.

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Ihre Ansprechperson zu dieser Story

Dr.in Roberta Rastl-Kircher
Pressesprecherin & Medienarbeit