Demenz-Café: Wo Gespräche Kraft schenken und der Alltag Pause macht
- Story
Demenz-Café in Kärnten
Wie wertvoll für Angehörige eine Gelegenheit zum Austausch, für neue Kontakte und als Kraftquelle sein kann, zeigt das Beispiel „Demenz-Café“. Jeden ersten Mittwoch im Monat findet es im Haus St. Peter statt, einem Altenwohn- und Pflegeheim der Diakonie in Kärnten. Das Café wird in Kooperation mit der „Selbsthilfegruppe Demenz“ durchgeführt.
Willkommen im Demenz-Café
Die Türen des Demenz-Cafés stehen für Angehörige ohne Voranmeldung offen. Und viele Teilnehmer:innen profitieren von diesem Treffpunkt bereits seit Jahren. Beinahe jede:n von ihnen - sowie das Schicksal des Menschen mit Demenz dahinter - kennt Psychologin und Demenzexpertin Christine Leyroutz persönlich. Sie ist bei der Diakonie in Kärnten für die Bereiche Demenzdiagnostik und Demenzberatung zuständig und begleitet die Treffen als fachliche Unterstützung.
Reden, lachen, Kraft schöpfen
„Im Demenz-Café hat alles Platz: reden, nachfragen, traurig sein, aber auch lachen und neue Kraft schöpfen“, bringt Christine Leyroutz auf den Punkt, wieso die Nachfrage nach solchen Austauschmöglichkeiten und Auszeiten für betroffene Angehörige groß ist. „Angehörige haben oft ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich Zeit für sich selbst nehmen. Aber wir sehen das umgekehrt: Es ist sogar unbedingt notwendig, dass Angehörige sich Freizeit nehmen, neue Informationen bekommen und Energie tanken.“
Im Demenz-Café hat alles Platz: reden, nachfragen, traurig sein, aber auch lachen und neue Kraft schöpfen. Angehörige haben oft ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich Zeit für sich selbst nehmen. Aber wir sehen das umgekehrt: Es ist sogar unbedingt notwendig, dass Angehörige sich Freizeit nehmen, neue Informationen bekommen und Energie tanken.
Wer pflegt, braucht Pausen
„Pflege und Betreuung sind anstrengende Tätigkeiten,“ erklärt Christine Leyroutz. Wer hauptberuflich pflegt, hat klare Dienstzeiten und Phasen zur Erholung. Angehörige kümmern sich aber häufig sieben Tage die Woche, bei Demenz nicht selten rund um die Uhr, um die zu betreuenden Personen. Für Abstand oder gar Urlaub ist da oft kein Platz. Wirklich niemand sollte aber ein schlechtes Gewissen haben, wenn das Bedürfnis nach einer Auszeit da ist, so Leyroutz. Ein kurzes Verschnaufen wie im Demenz-Café bringt zwar keinen Abstand vom Thema, aber der Austausch in der Gruppe ist oft sehr hilfreich. Denn was beim Besuch im Demenz-Café schnell klar wird: Viele Angehörige haben ähnliche Herausforderungen im Alltag. Man fühlt sich mit seinen Sorgen und Nöte verstanden und kann eigene Erfahrungen, Tipps und Kontakte weitergeben.
Demenz und Beziehung
Oft geht es auch um Beziehungsfragen, weiß Leyroutz: „Wenn sich Partner, eine Partnerin im Verlauf der Demenz verändert, belastet das auch die Beziehung, auch wenn sie davor stabil und gut war.“ Menschen mit Demenz reagieren stark auf Emotionen, berichtet die Psychologin. Das kann für Betreuende verwirrend und anstrengend sein, weil sie „die Ebene wechseln“ müssen in der Kommunikation. Das gelingt nicht ohne Übung, macht sich aber bezahlt: „Es ist hilfreich, wenn Angehörige mit herzlicher Autorität Entscheidungen treffen und diese dann auch konsequent umsetzen. Denn je klarer sie in ihrer Haltung sind, desto leichter können sich Menschen mit Demenz auf neue Strukturen, wie beispielsweise Hilfe von außen oder den Besuch eines Tageszentrums, einlassen.“
Tipps für die Alltagsgestaltung bei Demenz: Mit Wissen um die Erkrankung, Einfühlungsvermögen, kreativen Lösungen und Geduld lassen sich bekannte und neue Herausforderungen im Alltag gut bewältigen.
Demenz: Tipps für den AlltagInformiert sein ist wichtig
Wie gut ihr der Austausch im Demenz-Café tut, erzählt Frau Karschies, deren Ehemann mit Demenz lebt. „Ich habe in dieser Gruppe schon oft Dinge erfahren und gelernt, die mir dann auch im Umgang mit Ämtern sehr geholfen haben. Informiert sein ist wichtig, wenn man mit der Demenz eines Angehörigen konfrontiert ist.“
Zum ersten Mal dabei ist an diesem Mittwoch Herr K. Seine Lebensgefährtin lebt schon seit einigen Jahren mit der Diagnose Demenz. Mittlerweile sei das Zusammenleben für ihn schon eine große Herausforderung, berichtet er in der Runde ganz offen. Fast sechs Monate hat es gedauert, bis er sich zu dem Schritt entschlossen hat, das Demenz-Café zu besuchen. „Ich habe immer gedacht, dass ich alles allein schaffen und aushalten muss. Aber jetzt merke ich einfach, dass ich schon am Limit bin. Der Besuch im Demenz-Café hat mir gezeigt, dass ich mir Hilfe holen darf und dass es anderen Menschen ähnlich geht wie mir. Das wird jetzt zu einem Fixtermin für mich.“
Das Demenz-Café: Wann und wo
Das Demenz-Café wurde aus einer Initiative des Vereins Selbsthilfe bei Demenz gegründet. Seit 30 Jahren bietet der Verein in Kärnten eine Anlaufstelle für Angehörige und Betroffene mit der Diagnose Demenz.
Klagenfurt: Jeden ersten Mittwoch im Monat von 9 bis 12 Uhr im Haus St. Peter (Harbacher Straße 72, 9020 Klagenfurt a. W.)
Villach: Jeden ersten Dienstag im Monat von 9 bis 12 Uhr im Haus Maria Gail (Arnold-Clementschitsch-Straße 55, 9500 Villach)
Wo es in Ihrer Nähe Selbsthilfegruppen gibt, erfahren Sie bei diversen Beratungsstellen von Gemeinden, Pflegedienstleistern oder Community Nurses.“
In Kärnten bietet die Diakonie ´für Betroffene und Angehörige auch das kostenlose Mobile Demenzcoaching zur Diagnostik und für Hilfestellung rund um das Thema Demenz an
Infoportal: Für ein gutes Leben mit Demenz
Der Alltag mit Demenz ist fordernd. Betroffene brauchen Akzeptanz in ihrem Umfeld und Förderung ihrer Selbständigkeit. Angehörige brauchen Entlastung. Sie brauchen Beratung und leistbare Unterstützung.