Asperger-Autist mit großer Zukunft
- Story
„Robin liest alles, was er kriegen kann“, erzählt seine Mutter. Er habe zwar spät sprechen gelernt (erst mit vier Jahren), aber seit er lesen kann, liest er sogar Wörterbücher. Das habe ihm den Spitznamen „Lexikon“ eingebracht. Kurz vor seinem vierten Geburtstag wurde bei Robin Siegl (14) das Asperger-Syndrom diagnostiziert.
In der Schule mag Robin Siegl besonders Englisch, Mathematik, Technisches Zeichnen – vor allem das räumliche Vorstellungsvermögen liegt ihm. In den Pausen spielt er Tischtennis mit Freund:innen. „Tischtennis hat klare Regeln und man muss nicht viel sprechen“, meint er.
Das Gespräch mit Robin Siegl und seiner Mutter Adelheid findet im Therapiezentrum des Diakoniewerks in Gallneukirchen statt. Diesen Ort kennt Robin Siegl gut. Seit seinem vierten Lebensjahr wird er dort begleitet – in der Ergotherapie und der Logopädie, außerdem hat er an den Sommer-Intensiv-Therapiewochen teilgenommen.
Ruhe ist besser als Lärm
„Ich habe mir immer schon Dinge leicht gemerkt“, erzählt Robin Siegl. Manchmal sei er aber so im Detail, dass er sich nicht auf das Wesentliche konzentrieren kann, ergänzt seine Mutter. „Meine Lehrerin sagt, es sei eine Gabe, dass ich immer ruhig bleiben kann“, sagt Robin Siegl.
Ruhe ist für ihn wichtig. Während es seine Klassenkolleg: innen in der Pause gerne laut haben, sucht sich Robin SieglRückzugsorte, wo er alleine sein kann, denn: „Ruhe ist besser als Lärm“.
„Robin war ein sehr schüchternes Kind. Er hat sich in der Öffentlichkeit oft hinter meiner Schulter versteckt und sehr spät sprechen gelernt“, berichtet Adelheid Siegl. Mit zwei älteren Töchtern hatte sie einen Vergleich. Sie wandte sich an das Diakoniewerk. Die Diagnose „Asperger Syndrom“ war für Adelheid Siegl eine Bestätigung dessen, was sie schon vorher gespürt hat. „Und gleichzeitig kam Hoffnung auf, dass uns durch diese Diagnose rasche Hilfe ermöglicht wird. Und Robin Aussicht auf ein selbstständiges, normales Leben hat“, ergänzt sie.
Typische Verhaltensweisen im Autismus-Spektrum
Daniela Dorfmayr, Robin Siegls aktuell begleitende Logopädin im Diakoniewerk, beschreibt Autismus so: „Autismus ist nicht gleich Autismus. Es gibt diesen Satz: Kennst du einen Autisten, dann kennst du einen – das trifft es ganz gut“.
Bei Robin Siegl sei es in erster Linie darum gegangen, ihm Gesprächsregeln zu vermitteln, damit Gesprächssituationen nicht gleich abbrechen. Zum Beispiel: Was kann ich in Konfliktsituationen oder bei Missverständnissen sagen? Oder wie kann ich Erlebtes erzählen, ohne mich dabei in Details zu verlieren. „Robin nimmt Feedback überaus gut an und ist sehr gewillt, an sich zu arbeiten“, betont seine Logopädin.
Schwierigkeiten beim 'Small Talk'
Bei Robin Siegl äußert sich das Asperger-Syndrom insofern, dass er Schwierigkeiten hat, Small Talk zu führen. Seine Mutter erzählt von einer Situation im vergangenen Jahr: „Robin hat bei einem Radio-Gewinnspiel mitgemacht. Er hörte einen Song und wusste Titel und Interpret.
Er rief beim Radiosender an, um die Antwort bekannt zu geben. Als der Radio-Moderator jedoch mit ihm davor etwas Small Talk machen wollte und ihn nach seinem Tag fragte, war Robin etwas irritiert und konnte in das Gespräch nicht einsteigen. Er wollte einfach nur die Lösung sagen. Daraufhin musste ich das Telefonat übernehmen.“
Was hat Robin Siegl geholfen, um im Alltag so gut zurechtzukommen?
„Dass Robin so gut zurechtkommt, dabei hat ihm in erster Linie sein Ehrgeiz geholfen und seine Intelligenz“, sagt Adelheid Siegl. Robin Siegl habe viele seiner Verhaltensweisen über den Verstand korrigiert. Zum Beispiel, Augenkontakt zu halten. Daniela Dorfmayr ergänzt: „Wir üben diese Situationen in der Therapie anhand von Rollenspielen oder wir filmen uns in Gesprächssituationen.
Danach reflektieren wir, was schon gut klappt oder warum eine Gesprächssituation eventuell abrupt abgebrochen sein könnte. Neben diesen Übungen im sozialen Umgang übt Robin im Therapiezentrum außerdem, seine Aussprache zu verbessern.“
Robin Siegl ist Klassensprecher-Stellvertreter
Robin Siegls Ehrgeiz lässt ihn ständig an sich arbeiten. „In den Therapiegruppen habe ich gemerkt, dass ich vielleicht noch mehr kann. Ich bin jetzt im Poly. Dort bin ich Klassensprecher-Stellvertreter. Ich glaube, wenn ich ganz deutlich sprechen könnte, wäre ich Klassensprecher geworden und nicht Stellvertreter.“
Große Zukunft als App-Entwickler
Auf die Frage nach seiner Zukunft strahlt Robin Siegl: „Ich habe bereits eine Lehrstelle. Bei der OÖ Landesregierung in der Abteilung Applikationsentwicklung“. Und auch seine Mutter ist sehr zuversichtlich: „Robin wird seinen Weg gehen. Da bin ich mir ganz sicher“, sagt sie.
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