Syrien 6 Monate nach dem Erdbeben: Lage der Menschen ist weiterhin äußerst prekär
- Pressemitteilung
Am 6. Februar zerstörte ein Erdbeben große Teile Syriens und der Türkei. 50.000 Menschen starben, hunderttausende wurden obdachlos. Die Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) spricht von der schlimmsten Naturkatastrophe in Europa in 100 Jahren.
Die internationale Soforthilfe ist trotz schwieriger Bedingungen angekommen, jetzt laufen die mittel- und langfristigen Instandsetzungsmaßnahmen an. „Die Lage in den Erdbeben-Gebieten ist immer noch sehr schwierig, weitere internationale Hilfe wird besonders jetzt, da die Region aus dem Fokus der Öffentlichkeit geraten ist, benötigt“, so Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser.
In Syrien waren die Gebiete im Nordwesten am schlimmsten betroffen, speziell die Gebiete rund um Aleppo, Latakia and Hama – eine Region, in der viele in Folge des Bürgerkriegs Vertriebene leben. Die Diakonie Katastrophenhilfe ist daher gemeinsam mit ihren Partnerorganisationen in der Region schon seit vielen Jahren aktiv. So konnten unsere Partner schnell Nothilfe leisten. Hygiene-Kits wurden verteilt, Wasserspeicher für Familien, Schulen und Krankenhäuser zur Verfügung gestellt und Familien in Not wurde mit Bargeldhilfe geholfen, damit sie für ihren Lebensunterhalt sorgen können.
Erdbeben hat Lage der vom Krieg geschwächten Menschen weiter verschlimmert
Noch immer leben Menschen in Notunterkünften wie Zelten und anderen prekären Unterkünften. „Unsere Partner:innen erzählen von einer sehr bedrückenden Situation, die Menschen brauchen weiterhin Nothilfe – Hygieneversorgung, sauberes Wasser und Nahrungsmittel. Zum anderen braucht es Mittel für die Instandsetzung“, so Moser weiter.
Vielerorts ist, z.B. in den Wohngebäuden, die Wasserversorgung noch immer beschädigt und die Gefahr der Verschmutzung ist hoch. „Jetzt im Sommer, wenn es teils weit über 40 Grad hat, wird das Wasser knapp und die Gefahr von Cholera steigt dadurch auch wieder“, so Moser.
Einige Krankenhäuser konnten in den letzten Monaten wieder einigermaßen funktionsfähig gemacht werden. Mancherorts wurden Schulen vorübergehend als temporäre Unterkünfte verwendet, da ist es gut, dass an den meisten Orten die Kinder wieder zur Schule gehen konnten.
Schon vor dem Erdbeben war die Bevölkerung Syriens nach zwölf Jahren Krieg äußerst geschwächt. 6,8 Millionen Menschen sind Flüchtlinge im eigenen Land. 5,5 Millionen sind außer Landes geflüchtet. Von den ca. 18 Millionen Syrer:innen brauchen laut UNO 15,3 Millionen Humanitäre Hilfe, so viele wie seit 2011 noch nie. 90% der syrischen Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze.
„Nach all diesen Jahren von Krieg, Pandemie und Cholera ist dann auch noch das Erdbeben gekommen. Man kann sich also vorstellen, wie groß schon allein die Grundbedürfnisse der Menschen hier sind“, beschreibt es Benedicte Hafskjold, die für unsere Partnerorganisation vor Ort arbeitet. „Leider ist noch kein Ende dieser Situation absehbar. Nach der ersten akuten Phase der Hilfe sind wir jetzt in der Phase der längerfristigen Hilfe angekommen. Das Ziel ist, dass möglichst bald so viele Menschen wie möglich beginnen können, ein besseres Leben zu führen“, sagt sie.
Ein großes Problem ist auch, dass die Menschen ihre ohnehin begrenzten Einkommensmöglichkeiten verloren haben, weil viele der Geschäfte etc. zerstört sind. „Deshalb brauchen sehr viele Menschen auch einfach Bargeld-Unterstützung, um sich das Notwendigste leisten zu können.“ Wir lösen dieses Problem mit sogenannten „Cash for Work“-Projekten: für Räumarbeiten können wir 300 Familien ein Gehalt im Wert von ca 120 USD über drei Monate bezahlen. Zusätzlich bekommen die Familien weiterhin die notwendige Kleidung und Lebensmittelpakete.
Auch in der Türkei ist weitere Hilfe dringend benötigt
Auch in der Türkei leben bis heute 2,3 Millionen Menschen weiterhin in Lagern, davon 1,5 Millionen sogar in informellen Lagern. Dort ist vor allem der Zugang zu Wasser und Sanitäreinrichtungen weiterhin prekär. Frauen, Familien mit kleinen Kindern und Menschen mit Behinderungen bedürfen besonderer Fürsorge, was den sicheren Zugang zu geeigneten Sanitäreinrichtungen angeht.
Außerdem müssen weiterhin viele Familien, die noch immer keine Möglichkeit haben, selbst zu kochen, mit warmen Mahlzeiten versorgt werden.