Soziales: Kluge Investitionen helfen sparen

  • Pressemitteilung
17. März 2025
BAG-Organisationen Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe warnen: Sparen darf nicht Pflegekrise und Armut verschärfen

Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe, die fünf großen Sozialorganisationen der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG), warnen vor Einsparungen, die soziale Krisen weiter verschärfen, und zeigen ausgehend von ihrer Praxiskompetenz Wege für soziale Investitionen, die mittel- und längerfristig zu Einsparungen führen.

„Wir müssen aufpassen, dass der Spardruck nicht in eine Kostenfalle führt. Gerade bei Pflege, Arbeitsmarkt und Armutsbekämpfung sehen wir: Geldmittel klug und richtig einsetzen, hilft sparen", unterstreicht Maria Katharina Moser Direktorin der Diakonie, aktuell Vorsitzende der BAG.  In die Langzeitpflege investieren hieße, in einen krisensicheren Wirtschaftssektor investieren; in der Pflege sparen hingegen hieße, spätere Kosten im Gesundheitssystem erhöhen, so Moser weiter:

„Jeder Euro, der in die Langzeitpflege investiert wird, hat eine Wertschöpfung von 1,7 Euro. Und 70% des Geldes, das der Staat in die Langzeitpflege investiert, fließen wieder ins Budget zurück – über Steuern, Sozialversicherungsbeiträge etc., wie das WIFO errechnet hat. Gerade in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit seien Investitionen im Sozialbereich ein wichtiger Job- und Konjunkturmotor."

Medizin und Pflege zusammendenken spart Kosten

In einer stärkeren Verschränkung von Medizin und Pflege ortet Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, großes Potenzial: „Ältere Menschen müssen oftmals länger als notwendig im Krankenhaus verbleiben, weil ihre pflegerische Versorgung zuhause (noch) nicht möglich ist. Durch den Ausbau von Entlassungsmanagement, flächendeckender Übergangs- und Kurzzeitpflege sowie leistbarer mobiler Pflege könnten diese Personen früher nach Hause, und mit geringerem Kostenaufwand dort gepflegt und besser in ihrer Selbstständigkeit gestärkt werden.“ Diese Maßnahmen sind bereits im Regierungsprogramm verankert und sollten prioritär umgesetzt werden.

Ein Beispiel verdeutlicht das Einsparungspotenzial: Im Jahr 2023 verursachten in Salzburg 130 Personen mit insgesamt 6.641 zusätzlichen Spitalstagen Kosten von acht Millionen Euro. Hochgerechnet auf ganz Österreich könnten durch entsprechende Maßnahmen erhebliche Mittel eingespart werden.

Bedarfsgerecht und effizient versorgen: „digital vor ambulant vor stationär“

 „In der Pflege ist allein schon durch den demografischen Wandel gar nichts anderes möglich, als mehr in die Versorgung zu investieren“, ist Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich, überzeugt. „Ein Grund mehr, angesichts des Budgetdrucks auch Effizienzpotenziale zu heben, um wertvolle Finanzmittel, aber auch Personalressourcen freizubekommen. Das Prinzip digital vor ambulant vor stationär, das im Regierungsprogramm im Bereich Gesundheit und Pflege als Grundsatz beschrieben wird, ist in diesem Sinne völlig richtig“, meint Anselm.

Um etwa die für eine sichere und ressourcenschonende Versorgung dringend notwendige Digitalisierung voranzutreiben, braucht es unbedingt Mittel, um die meist gemeinnützigen Träger in der Pflege bei der zügigen Umsetzung zu unterstützen. „Wir brauchen einen Digitalisierungsfonds für Pflegedienste. Wir müssen rasch ELGA-Readiness erreichen und unsere Pflegedokumentationen flächendeckend digitalisieren, auch um das Pflegepersonal zu entlasten“, erläutert Anselm. „Fonds, die erwünschte Entwicklungen anschieben, gibt es für allerlei Zwecke. Es ist uns unverständlich, warum ein solches Instrument angesichts der Relevanz und Herausforderungen in unserem Bereich noch fehlt, auch im aktuellen Regierungsprogramm“, kritisiert Anselm.

Auch Investition in Prävention spart Kosten

Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant vom Österreichischen Roten Kreuz sieht im Fokus auf Prävention im Regierungsprogramm große Einsparungspotenziale. „Man darf Prävention aber nicht nur als Thema für Gesunde sehen," betont er. Vielmehr sei eine Berücksichtigung von präventiven Maßnahmen beim Pflegegeld-System wichtig, etwa durch Programme für mehr Selbständigkeit im Alltag oder Gedächtnistraining. So könne auch der Pflegebedarf eingedämmt werden. Es mache wirtschaftlich Sinn, für diese Vorbeugung "Pflegegeld einzuplanen, statt zu warten, dass die Pflegegeldstufen einfach immer höher werden", so Foitik.

Auch in der Zuerkennung von Hilfsmitteln sieht Foitik großes Verbesserungspotenzial, etwa bei Matratzen gegen das Wundliegen oder Nahrungsergänzung. „Wir dürfen nicht immer erst warten, bis jemand krank und kränker ist, die genehmigenden Stellen müssen Prävention auch finanziell ernst nehmen." Auch pflegerische Beratungsleistungen zuhause, etwa zur besseren Steuerung von Diabetes-Therapien oder zur Verhinderung von Burn out bei Angehörigen könne laut Foitik viel an Folgekosten im Gesundheitssystem einsparen helfen.

Pflegende Angehörige dürfen nicht mangels Unterstützung aus ihrer Berufstätigkeit hinausfallen

„In die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu investieren, hat individuelle, aber auch massive volkswirtschaftliche Effekte," so Diakonie-Direktorin Moser. Laut einer Studie der AK Oberösterreich ziehen sich pflegende Angehörige aufgrund von nicht leistbaren, nicht ausreichend verfügbaren oder nicht passenden Unterstützungsangeboten aus der Erwerbsarbeit teilweise oder sogar ganz zurück. „Hier muss mehr investiert werden z.B. in leistbare Tagesbetreuung, mehrstündige Alltagsbegleitung oder Besuchsdienste, damit vor allem Frauen ihre Jobs nicht für die Pflege zuhause aufgeben", so Moser. Das hätte positive Effekte in Bezug auf Vollzeitbeschäftigung von Frauen und könnte einerseits spätere Altersarmut verhindern, andererseits würde mehr Beschäftigung auch mehr Steuereinnahmen bringen, so Moser.

Weniger Kinderarmut ist billiger

Kinderarmut kostet uns alle in Österreich 17 Milliarden Euro im Jahr, so die OECD. Für den Direktor der Volkshilfe Österreich Erich Fenninger „sind Investitionen in die Zukunft von Kindern nicht nur aus menschlicher, sondern auch aus finanzieller Sicht sinnvoll und helfen langfristig sparen. Nachdem die Kosten für die Sozialhilfe nur 0,44% der Staatsausgaben (2023) ausmachen, entlasten Kürzungen in dem Bereich kein Budget.  Einsparungen in diesem Bereich verursachen aber erhebliche negative Folgen und hoheKosten. Die Sozialhilfe erfüllt eine essenzielle Funktion, indem sie die vulnerabelsten Bevölkerungsgruppen unterstützt. Sie ist das letzte Rettungsnetz für Menschen in Not. Hier zu sparen, wird teuer.”

Die Organisationen der BAG sehen in den genannten Bereichen viel Potenzial für nachhaltige Verbesserungen in Pflege und sozialer Absicherung. „Wir warnen aber nachdrücklich davor, jetzt dort zu sparen, wo die Menschen schon wirkliche Sorgen und Probleme haben, und sich durch finanzielle Einschnitte die Systemfehler verstärken," so die BAG unisono.

APA-OTS Pressemappe

der BAG Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt
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Ihre Ansprechperson zu dieser Pressemitteilung

Dr.in Roberta Rastl-Kircher
Pressesprecherin & Medienarbeit