Pflegereform nach einem Jahr stecken geblieben

  • Pressemitteilung
09. Mai 2023
Diakonie fordert grundsätzliche Reform statt Herumdoktern an Einzelmaßnahmen

Vor einem Jahr wurde, rechtzeitig zum Tag der Pflege am 12. Mai, medienwirksam eine Pflegereform verkündet. Die Pflegereform sei stecken geblieben, kritisiert Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser zum Jahrestag: "Die Maßnahmen, die gesetzt wurden, waren durchaus wichtig, aber keine Reform, sondern Notmaßnahmen. Wie wir tagtäglich beobachten, vergrößert sich der Notstand trotz der Maßnahmen weiter."

Das liege Moser zufolge auch daran, dass die entscheidende Frage nicht gestellt wird: Wie willst du mit Pflegebedarf leben? Und an Pflegekräfte gerichtet: Wie willst du pflegen? An Einzelmaßnahmen herumzudoktern sei zu wenig. Das  Pflegesystem in Österreich müsse grundlegend neu gedacht und reformiert werden. 

Kritik: System bestimmt das Angebot, nicht die Bedürfnisse von Menschen im Alter

Moser: "In unserem Pflegesystem wird Geld nicht effizient eingesetzt, und es geht an den Bedürfnissen der Menschen mit Pflegebedarf vorbei. Unser System kennt im wesentlichen zwei Säulen: Pflegeheim oder mobile Pflege. Andere Angebote, um weiter zu Hause leben zu können, fehlen weitgehend. Es ist ein Entweder-Oder, das dazu führt, dass Menschen oft viel zu früh ins Heim müssen. Diese Lösung ist volkswirtschaftlich teuer und nicht das, was die Betroffenen wollen. Im Hintergrund haben wir eine Zersplitterung der Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die alle die Langzeitpflege steuern. Dabei orientiert man sich an Kostenschlüsseln und verschiedenen Budgettöpfen. Derzeit bestimmt also das System das Angebot. Wir brauchen eine Pflegelandschaft, in der Menschen mit Pflegebedarf das Angebot bestimmen."

Dieses System führe auch dazu, dass die Pflegekräfte unzufrieden sind, ist Moser überzeugt: "Sie sehen, dass sie Menschen nicht so pflegen und betreuen können, wie es sich die Klient:innen wünschen. Und sie sind gezwungen, hinter ihren eigenen Ansprüchen an gute Pflege zurück zu bleiben. Das frustriert. Das ist der tiefere Grund, warum Pflegekräfte die Langzeitpflege verlassen. Die Maßnahmen, die aktuell im Bereich der Ausbildung und Bezahlung von Pflegekräften gesetzt werden, sind wichtig. Sie werden aber versanden, wenn wir die Langzeitpflege nicht grundlegend reformieren. Der Kampf gegen den so genannten Fachkräftemangel muss bei dem ansetzen, was Pflege zu einem erfüllenden Beruf macht: auf die Bedürfnisse von Menschen eingehen zu können und Zeit für sie zu haben. Was gut ist für die Menschen, die Pflege brauchen, ist auch gut für die Pflegekräfte und ihre Motivation, im Beruf zu bleiben."

Diakonie legt neues Dienstleistungs- und Finanzierungskonzept für Pflege vor

"SING - Seniorenarbeit innovativ gestalten" heißt das Dienstleistungs- und Finanzierungskonzept, das die Diakonie vorgelegt hat. SING verbindet den Ausbau von bedarfsgerechten Dienstleistungen mit einer neuen Finanzierungslogik. Kernstück des Modells bleibt die Pflegegeldzahlung. Einen Teil ihres Pflegegeldes können PflegegeldbezieherInnen  in einen höheren „Autonomiebetrag“ umwandeln. Damit können sie Dienstleistungen beziehen, die ihnen ermöglichen, weiterhin zu Hause zu leben. So genannte PflegelotsInnen überlegen mit den Betroffenen, wie sie leben wollen, welche Unterstützung sie dafür brauchen und welche Dienstleistungen es gibt. Darüber hinaus leiten die PflegelotsInnen die Bedarfe ihrer KlientInnen an Sozialorganisationen weiter, die gefordert sind, passende Angebote zu entwickeln und bereit zu stellen.

Die Diakonie wirbt bei der Politik darum, das Modell in einer Region als Pilotprojekt zu starten und wissenschaftlich zu begleiten.

Eine ältere Frau beim Blumengießen.
Eine ältere Frau beim Blumengießen. / © romrodinka - GettyImages

Das Modell SING

Seniorenarbeit Innovativ Gestalten: Ein neues Modell für die Organisation von Pflege - fachliche Vision, qualitative Haltung, konkrete innovative Finanzierungslogik. Damit der Mensch im Mittelpunkt steht - ohne Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Kosten.

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Ihre Ansprechperson zu dieser Pressemitteilung

Dr.in Roberta Rastl-Kircher
Pressesprecherin & Medienarbeit