Personal-Lücke in der Pflege: gute Bedingungen halten Personal und steigern Lebensqualität

  • Pressemitteilung
07. Februar 2024
Dramatischer Personalmangel erfordert drastischen Umbau

Anlässlich der heute präsentierten Pflegepersonal-Bedarfsprognose, wonach allein bis 2030 rund 50.000 Personen in Pflege und Betreuung gebraucht werden, verweist die Diakonie darauf, dass es nicht ausreicht, die Pflege über Gehälter und Ausbildungsoffensiven zu attraktivieren. „Menschen im Beruf zu halten oder zurückzugewinnen, erfordert eine grundlegende Reform des Systems“, betont Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser.

„Derzeit müssen sich Menschen mit Pflegebedarf genauso wie Menschen in den Pflegeberufen zu oft in die Logik des Systems zwängen“, bedauert Moser. „Wichtig wäre es, jene Wohn- und Betreuungsformen auszubauen, die den Menschen guttun, denn solche machen auch Pflegekräfte zufrieden und Pflege-Teams resilient“.

Rasch ändern: unflexible Rahmenbedingungen, bürokratische Hürden und effizienzfressende Prozesse

Dem stehen unflexible Rahmenbedingungen, bürokratische Hürden und effizienzfressende Prozesse entgegen. „Diese frustrieren, sie lenken von der Beziehung zum Menschen ab. Und sie verringern die Zeit, die für die Arbeit am und mit dem Menschen bleibt, auf ein Mindestmaß. Das ist der tiefere Grund, warum Pflegekräfte oftmals ihren Beruf in der Langzeitpflege aufgeben“, so Moser.

„Auch wenn wir wissen – aus Forschung und internationalen Erfolgsbeispielen – wie Betreuung und Pflege für die Menschen von heute aussehen kann und soll, sind wir weiterhin in jahrzehntealten Strukturen gefangen“, erläutert die Diakonie-Direktorin. So setze das Pflegesystem an zu vielen Stellen Gelder wenig effizient ein und gehe vor allem an den Bedürfnissen der Menschen vorbei.

Aktuell ist Spielraum für echte Innovation gering

Der Spielraum für echte Innovation ist gering, neue Projekte finden keine nachhaltige Finanzierung. Zwischen mobiler Betreuung und stationären Settings gibt es zu wenig Durchlässigkeit in beide Richtungen. Angebote, die einen Verbleib zu Hause sichern oder sogar eine Rückübersiedlung ermöglichen, stehen in viel zu geringem Maß zur Verfügung und sorgen zu oft für eine Übersiedlung ins stationäre Wohnen mangels Alternativen. Diese ist volkswirtschaftlich teuer und nicht das, was die Betroffenen wollen.

Bürokratische Hürden frustrieren oftmals Pflegekräfte bis zur Aufgabe. Eines der vielen Beispiele ist die Abholung von Medikamenten für die Klient:innen, die Betreuungsstunden im sechstelligen Bereich „frisst“ und bei der die Pflege zwischen den verschreibenden und abgebenden Stellen aufgerieben wird.

Dazu kommt eine Zersplitterung der Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die alle die Langzeitpflege steuern. „Derzeit bestimmt also das System das Angebot. Wir brauchen aber eine Pflegelandschaft, in der Menschen mit Pflegebedarf das Angebot bestimmen", so Moser.

Diakonie legt neues Dienstleistungs- und Finanzierungskonzept für Pflege vor

Mit dem Dienstleistungs- und Finanzierungskonzept "SING - Seniorenarbeit innovativ gestalten" hat die Diakonie ein grundlegend neues Modell vorgelegt. Es stellt den Menschen mit Betreuungsbedarf in den Mittelpunkt. Pflegelots:innen überlegen mit den Betroffenen, wie sie leben wollen, welche Unterstützung sie dafür brauchen und welche Dienstleistungen es gibt. SING verbindet die so ermittelten bedarfsgerechten Dienstleistungen mit einer neuen Finanzierungslogik: Kernstück des Modells bleibt die Pflegegeldzahlung. Einen Teil ihres Pflegegeldes können Pflegegeld-Bezieher:innen in einen höheren „Autonomiebetrag“ umwandeln. Damit können sie Dienstleistungen beziehen, die ihnen ermöglichen, weiterhin zu Hause zu leben. Die Aufgabe der Sozialorganisationen ist es, passende Angebote (weiter) zu entwickeln und bereit zu stellen.

 

 

Ihre Ansprechperson zu dieser Pressemitteilung

Dr.in Roberta Rastl-Kircher
Pressesprecherin & Medienarbeit