Eine Koalition für Kindergesundheit: Eltern mit Frühchen besser absichern und begleiten
- Pressemitteilung
„Eine Koalition für Kindergesundheit“, wünscht sich Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk im Blick auf anstehende Regierungsverhandlungen. „Es braucht dringend Hilfen für Frühchen-Eltern, die den erhöhten Begleitungs- und Betreuungsbedarf berücksichtigen. Das bedeutet ein korrigiertes Alter bei Karenz, Kinderbetreuungsgeld und benötigten Hilfsmitteln. Weiters sollte mit einer erhöhten Familienbeihilfe für Extrem-Frühchen oder kranke Neugeborene die Zeit des erhöhten Pflegeaufwandes, z.B. bei Atemproblemen, Trinkschwäche oder Entwicklungsverzögerung anerkannt werden“, legt Schenk, selbst Psychologe, den Regierungsverhandlern ans Herz.
Insgesamt kamen in Österreich im Jahr 2023 rund 5300 Frühgeborene zur Welt. Das entspricht einer Frühgeborenenrate von rund sieben Prozent. Jedes zehnte Kind kommt weltweit als Frühgeburt zur Welt.
Berücksichtigung des korrigierten Alters bei Karenzzeiten, Kinderbetreuungsgeld und bei Bewilligung von Hilfsmitteln
Nach wie vor sind Eltern von Frühgeborenen bei den geltenden Regelungen zu Kinderbetreuungsgeld und Karenz benachteiligt. Frühcheneltern oder Eltern kranker Neugeborener verbringen bis zu vier und mehr Monaten nach der Geburt zunächst in der Klinik, während Eltern Reifgeborener ihre Kinder meist 14 Monate zu Hause betreuen können. Die Monate in der Klinik fehlen am Ende und Frühcheneltern können die aufgrund von Entwicklungsverzögerungen längere häusliche Betreuung nicht wahrnehmen. Allein die rechnerische Betrachtung lässt unberücksichtigt, dass Frühgeborene Entwicklungszeit nachholen müssen und das erste Lebensjahr nicht selten von vielen Nachsorgeuntersuchungen und Therapien geprägt ist. Um diese Benachteiligung zu beheben, bedarf es einer Anpassung von Karenzzeiten und Kinderbetreuungsgeld, die ab dem errechneten Geburtstermin greifen und den individuellen Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigt.
Dies gilt auch für die Bewilligung von medizinischen Hilfsmitteln: Jene werden wie eine Milchpumpe oder eine Babywaage grundsätzlich für alle für 6 Monate bewilligt, unabhängig davon ob früh- oder reifgeborenes Kind – auch bei medizinischer Indikation nicht länger.
Der erhöhte Pflegeaufwand von Frühchen sollte in Form von einer Anerkennung von Pflegegeld wie in Deutschland oder dem Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe für Extrem-Frühchen abgegolten werden.
Weiterentwicklung der Frühen Hilfen zu allgemeinen Kinder-Hilfen
„Die frühen Hilfen sollten zu allgemeinen Kinder-Hilfen weiterentwickelt werden“, schlägt Schenk vor. „Man setzt bei den Entwicklungsherausforderungen des Kindes an und baut die Unterstützungsmaßnahmen begleitend auf.“ Bei diesen miteinander verbundenen „Präventionsketten“ greifen die einzelnen Ketten-Glieder verlässlich ineinander, damit die Kette nicht reißen kann.
Der Begriff Präventionsketten ist vielleicht ein wenig missverständlich. „Es geht im Kern darum, Unterstützungsnetze zu mobilisieren, die sozialstaatlich, institutionell, in der Gemeinde und der Community zu finden sind“, erklärt Schenk. „Die sozialen Dienstleistungen sind hier besonders bedeutsam.“ Es beginnt immer rund um die Geburt im ersten Jahr mit den so genannten „Frühen Hilfen“ und geht dann weiter bis ins Jugendalter. „Dieser Ansatz, der in der Community Menschen verbindet, eingefahrene Berufsbilder löst, Ressourcen und Geld mobilisiert, hat beispielsweise in Dänemark viele Kinder gestärkt“, so Schenk. „Jetzt könnte man die bestehenden Frühen Hilfen von 0-3 Jahren auf 3 bis 6 Jahre im ersten Schritt erweitern".
Was genau sind "Frühchen"?
Als Frühchen bezeichnet man all jene Kinder, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren werden. Die meisten Frühgeborenen wiegen bei ihrer Geburt weniger als 2.500 Gramm. Abhängig von Gestationsalter und Gewicht orientiert sich dann die Intensität der Behandlung. Die meisten Frühgeborenen sind „späte Frühchen“. Präeklampsien (Bluthochdruckerkrankung in der Schwangerschaft) verursachen in etwa 20 % der neonatologischen Aufenthalte .