Diakonie zum Pflegereform-Paket: keine halbe Pflege
- Pressemitteilung
"Die Bundesregierung setzt einen Meilenstein in der Pflegereform. Wer wandern geht, weiß: Wenn man einen Meilenstein erreicht, ist ein gutes Stück des Weges geschafft, es liegt aber noch einiges vor einem. Die Maßnahmen bringen erste Verbesserungen und schaffen Zeit für weitere Schritte", kommentiert Diakonie Direktorin Maria Katharina Moser das Reformpaket. Am 21. Juni endet die Begutachtungsfrist zu den entsprechenden Gesetzesentwürfen.
Positiv bewertet die Diakonie den Fokus auf das Personal. 520 Millionen Euro für Gehaltsteigerungen seien ein "wichtiges Zeichen der Anerkennung für die großartige Arbeit, die Pflege- und Betreuungskräfte täglich leisten". Auszubildende sollen künftig 600€ monatlich als Ausbildungsbeitrag erhalten, das trage maßgeblich zu einer Attraktivierung von Pflegeausbildungen bei.
Diakonie fordert Gleichstellung von Pflegeberufen und Sozialbetreuungsberufen
Der große Kritikpunkt: Die genannten Maßnahmen kommen nicht allen zugute. Während die Pflegeassistenzberufe und die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflege komplett umfasst sind, bleiben die Sozialbetreuungsberufe großteils außen vor. Heimhelfer:innen sind sogar gänzlich von den Verbesserungen ausgeschlossen. Die Bundesregierung begründet die Differenzierung mit der Unterscheidung zwischen Pflege und Betreuung.
Eben diese Unterscheidung kritisiert die Diakonie: "Die Pflege darf nicht halbiert werden. Gute Pflege umfasst immer medizinische und soziale Aspekte. Psychosoziale Dimensionen, Kommunikation und soziale Teilhabe dürfen nicht aus dem Blick geraten." In der Praxis würden Pflege- und Sozialbetreuungsberufe im Team zusammenarbeiten, so Moser. "Warum ein Teil des Teams von den Maßnahmen profitieren soll und der andere nicht, ist nicht verständlich." Die Diakonie fordert die Gleichstellung von Pflegeberufen und Sozialbetreuungsberufen.
Mehr Zeit für Pflege und einen Ausbau der Dienstleistungen
Aus Sicht der Diakonie muss auf das erste Reformpaket ehestmöglich ein weiteres folgen. Dringend nötige Adaptionen von Personalschlüsseln und Normverrechnungssätze, um von der Stoppuhr-Pflege wegzukommen, stehen noch aus. "Pflege ist Beziehungsarbeit, und Beziehung braucht Zeit. Zeit gibt es im aktuellen System zu wenig", erklärt Moser. Hier seien Bund und Länder gemeinsam in der Pflicht.
Das nächste Reformpaket solle weiters einen Fokus auf Dienstleistungen legen: Schaffung wohnortnaher Angebote, Ausbau mobiler Dienste, Tageszentren, Kurzzeitpflege, mehrstündige Tagesbegleitung, Betreuung nur in der Nacht - "All das ist dringend nötig, damit Menschen mit Pflegebedarf ein gutes Leben nach ihren Vorstellungen führen können". Dienstleistungen kommen auch den Angehörigen zugute: "Im aktuellen Reformpaket finden sich einige Verbesserungen für pflegende Angehörige. Eine echte Entlastung kann aber nur durch den Ausbau von Dienstleistungen gelingen", ist die Diakonie-Direktorin überzeugt.
Gute Versorgung braucht langfristige Finanzierung
Fragezeichen wirft das aktuelle Reformpaket in Sachen Finanzierung auf. Die Finanzierung eines Großteils der Maßnahmen ist auf zwei oder drei Jahre befristet. Zudem wird die Pflege derzeit aus einer Vielzahl von verschiedenen Töpfen finanziert, jedes Bundesland hat eine eigene Regelung. "Es ist hoch an der Zeit, dieses Chaos zu sortieren und die Finanzströme zu bündeln. Darauf haben auch der Rechnungshof und die Europäische Kommission hingewiesen", so Moser. "Für eine gute Versorgung müssen Bund und Länder jetzt eng zusammenarbeiten. Um die größtmögliche Wirkung für die Praxis zu erzielen, braucht es aber auch die Einbindung der Sozialorganisationen und der Zivilgesellschaft."