Diakonie: Pflegediskussion geht an Realität vorbei
- Pressemitteilung
Chalupka: Alltag und neue Wohnkonzepte müssen ins Zentrum rücken!„Die politische Diskussion zur Pflege geht an der Realität vorbei," stellt Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich, angesichts der Versorgungslage fest. „356.500 pflegebedürftige Menschen in Österreich werden schlicht nicht angesprochen, weil sie weder im Altenheim versorgt, noch eine 24-Stunden Betreuung in Anspruch nehmen. Das muss sich ändern – wir müssen mutig und klug darüber sprechen, wie wir allen pflegebedürftigen Menschen ein gutes Leben ermöglichen können."
Von den 455.000 pflegebedürftigen Menschen in Österreich sind 16 % im Altenheim, weitere 5 % nutzen eine 24 Stunden Betreuung. Der Großteil aber, 42 %, das sind 187.000 Personen, wird zu Hause ausschließlich von Angehörigen betreut, weitere 32 %, also 150.000 Menschen, sind zu Hause und können durch mobile Dienste unterstützt werden. Schließlich nutzen 3 % betreutes Wohnen und 2 % teilstationäre Einrichtungen wie Tageszentren.
Alltag und Wohnen ins Zentrum rücken
„Nur eine breite Palette von Pflege- und Betreuungsangeboten kann die Vielfältigkeit der Lebensentwürfe der Menschen abdecken," ist sich Chalupka sicher. „Wir brauchen Investitionen in Quartiersentwicklung, sozialräumliche Herangehensweisen, ambulant betreute Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz, Community Care und vieles mehr. Betreuungen stundenweise am Abend und in der Nacht sind im mobilen Setting ein Gebot der Stunde."
Auf sich verändernde Ansprüche muss mit neuen Angeboten reagiert werden. Neue Wohnkonzepte für Menschen mit hohem Pflegebedarf sind zentral. Und: Wohnen, das ins Gemeinwesen integriert, das alltags- und bürgernäher organisiert ist. „Länger zu Hause bleiben geht nur dann, wenn rechtzeitig Unterstützung angeboten wird. Durch mobile Dienste können Angehörige entlastet werden, in der Früh beim Aufstehen und frühstücken, Verbandwechseln, und so weiter. Ähnlich am Abend," erläutert Chalupka. Auch Tageszentren eröffnen win-win Situationen. Durch die Betreuung tagsüber kann der Betroffene zu Hause wohnen bleiben, die pflegenden Angehörigen aber auch arbeiten gehen. Damit werden auch Jobs geschaffen, die in der Region Wertschöpfung bringen.
Investitionen in Pflege und Betreuung helfen allen
„Österreich liegt mit seinen Sozialdienstleistungen unter dem EU-Durchschnitt. Hier gibt es viel ungenütztes Potential, das wir nicht brach liegen lassen sollten. 70% der Ausgaben in der Pflege fließen via Steuern und Sozialversicherung an die öffentliche Hand zurück, sagt das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo. Und ohne weitere Investitionen wird es nicht gehen," so Chalupka.
Österreich liegt mit seinen Sozialdienstleistungen unter dem EU-Durchschnitt. Hier gibt es viel ungenütztes Potential, das wir nicht brach liegen lassen sollten.„Jeder Mensch möchte in seiner Vielfältigkeit begegnet werden. Gemeinsam können wir Rahmenbedingungen schaffen, die genau das ermöglichen – soziale Netze, die von der mobilen Unterstützung der Krankenschwester über die Demenzberatung bis hin zur gut organisierten Nachbarschaftshilfe den Menschen in seiner Ganzheit abbilden."
„Mehr Zeller Nachbarschaft"
Was kompliziert klingt, wird ganz einfach in Bad Zell in Oberösterreich umgesetzt. Die „Mehr Zeller Nachbarschaft" hat sich eine mit-sorgende Nachbarschaft zum Ziel gesetzt. Mit der Quartiersarbeit werden Besuchsdienste, Mittagstische und Mobilitätsdienste zum Einkaufen organisiert. Ist mehr Pflege und Betreuung notwendig, stehen seitens des Diakoniewerks Hausgemeinschaften und Wohnen mit Betreuung zur Verfügung. Die Erfahrungen sind gut, so Michael Zwölfer, der Koordinator der Mehr Zeller Nachbarschaft. „Es ist wunderschön mitanzusehen, mit welcher Begeisterung bestehende Projekte von den Beteiligten gelebt werden. Bürgerinnen und Bürger bringen sich aktiv in die Prozesse ein, laufend werden neue innovative Ideen vorgeschlagen und auch umgesetzt um die Mehr Zeller Nachbarschaft immer wieder zu bereichern."