Diakonie bringt Stellungnahme zum Notstands-Ermächtigungsgesetz ein

  • Pressemitteilung
21. April 2016

Chalupka: Dieses Gesetz könnte Asylsystem Europas gefährden



Heute endet die 7-tägige Begutachtungsfrist für ein Gesetz, das massive Auswirkungen auf den österreichischen Rechtsstaat aber auch für das gesamte europäische Asylsystem haben könnte. „Es muss befürchtet werden, dass – sollte das österreichische Modell in Kraft treten – sich auch sämtliche anderen, weniger reichen Länder Europas, vom Asylrecht verabschieden werden", betont Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich.



Wenn diese Verordnungsermächtigung beschlossen wird, so kann damit das Asylrecht in Österreich für neuankommende Flüchtlinge de facto außer Kraft gesetzt werden. Und zwar unabhängig davon, wie dringend die schutzsuchende Person diesen Schutz benötigt. Damit würde Österreich Asylanträge nur noch in Ausnahmefällen annehmen. „Was hier geplant wird ist also keine Verschärfung des Asylrechts, sondern dessen Abschaffung für den Großteil der Schutzsuchenden", kritisiert Chalupka.



Bis dato gab es über alle Parteigrenzen hinweg einen Konsens darüber, dass jene Menschen die Schutz brauchen, diesen in Österreich auch erhalten sollen. „Mit Inkraftsetzen dieser Verordnung wird jedoch die Schutzbedürftigkeit nicht mehr feststellbar sein. Auch Menschen die extrem schutzbedürftig sind, werden dann ohne Prüfung ihrer Fluchtgründe zurückgewiesen", so die Diakonie.



Notstandsverordnung ohne Notstand



Der geplante Entwurf spricht davon, dass die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates feststellen kann, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit gefährdet sind.



Der Entwurf schweigt aber zur Frage, ab wann das der Fall ist: „Es werden keine Kriterien genannt, die die im Gesetz genannte Gefährdung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit in irgendeiner Form festlegt oder eingrenzt", kritisiert Chalupka. Lediglich in den Erläuterungen zum Gesetz wird auf die gewaltigen Herausforderungen des letzten Jahres Bezug genommen.



Situation für Minderjährige wird besonders schwierig



Tritt die Notstandsverordnung in Kraft, wird die Situation für allein reisende Flüchtlingskinder besonders dramatisch werden. Ihnen wird keine Vertretung mehr beigestellt, sie können sich ohne Hilfe – noch viel weniger als Erwachsene – nicht selbst vertreten. Sie werden buchstäblich völlig schutz- und hilflos an der Grenze im Regen stehen gelassen.



Im Fall von direkten Zurückweisungen an der Grenze wird es aber generell keinen Zugang zu einem effektiven Rechtsschutz mehr geben. Dieser ist jedoch ein zentrales Menschenrecht der Europäischen Menschenrechtskonvention und damit auch des österreichischen Verfassungsgesetzes.



Die Diakonie hat in den letzten Tagen gemeinsam mit allen großen Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen Österreichs einen Appell an das persönliche Gewissen aller Abgeordneten des Nationalrates gerichtet, damit sie verhindern, dass Österreich sich von seiner humanitären Tradition, von den Grundrechten und vom Gedanken der Solidarität verabschiedet.



Heute, anlässlich der Einbringung einer sehr fundierten Stellungnahme zum Gesetzesentwurf wiederholt Direktor Chalupka diesen Appell: „Sehr geehrte Abgeortnete: Sagen Sie Nein zur Aushebelung fundamentaler Menschenrechte für Menschen die unseren Schutz und unsere Hilfe brauchen!"