Ärzte ohne Grenzen und Diakonie fordern Politik zum Handeln auf: Gewalt an EU-Außengrenzen muss ein Ende haben
- Pressemitteilung
„Der griechische Staat lässt, wie Berichte wiederholt belegen, Geflüchtete, die sich bereits auf griechischem Boden befinden, entführen, einsperren und misshandeln. Die griechische Küstenwache setzt Familien mit Babys auf dem offenen Meer aus und überlässt sie dort ihrem Schicksal“, sind sich Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich, und Laura Leyser, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich, einig.
Nach der Recherche der New York Times und dem Beweisvideo, angefertigt vom österreichischen Menschenrechtsaktivisten Fayad Mulla, kann und darf Europa nicht zur Tagesordnung übergehen.
Jetzt: Vertragsverletzungs-Verfahren gegen Griechenland
Ärzte ohne Grenzen und Diakonie fordern von der österreichischen Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur Einhaltung von Unions- und Völkerrecht. Sie sollte gegenüber der EU-Kommission klarstellen, dass jede Form von Grenzschutz nur auf Grundlage des geltenden Rechts erfolgen kann. Es braucht sichere Fluchtrouten und schutzsuchende Menschen müssen angemessen versorgt werden.
„Österreich muss jetzt von der Europäischen Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Griechenland verlangen“, sagt Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser.
Keine Ausreden mehr, es sind keine Einzelfälle
Was in diesem Video erstmals durch Bildmaterial lückenlos dokumentiert wird, ist kein Einzelfall, sondern tägliche Praxis, die durch zahlreiche Berichte unabhängiger NGOs bestätigt wird. Spätestens seit dem Bericht der EU-Antikorruptionsbehörde OLAF, welcher die Vorwürfe bestätigt, wissen alle Politiker:innen in Europa Bescheid.
Das Videomaterial von Fayad Mulla zeigt, wie zwölf geflüchtete Menschen, darunter kleine Kinder, am 11. April auf Lesbos von maskierten Männern am Meer ausgesetzt werden. Das Team von Ärzte ohne Grenzen auf Lesbos hatte am selben Tag einen Notruf erhalten, dass 103 Menschen neu auf der Insel angekommen seien. 91 Personen konnten sie medizinisch versorgen, zwölf konnten nicht gefunden werden.
Vergangenen Oktober veröffentlichte Ärzte ohne Grenzen einen Bericht, nachdem das Team auf Lesbos einen Notruf von einer Gruppe von 22 Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, erreicht hat, die angekommen waren und dringend medizinische Hilfe benötigten. Als das Team dort eintraf, fand es drei Personen mit Kabelbindern gefesselt vor und vier Verletzte, die angaben, geschlagen worden zu sein. Alle in der Gruppe standen unter Schock und wurden medizinisch und psychologisch versorgt. Das Team informierte die Polizeibehörden über den Vorfall und unterstützte die Einweisung der Verletzten in ein Krankenhaus.
Glaubwürdigkeit der EU-Politik
„Wenn die Mitgliedsstaaten der Europäische Union sich weigern, sich an geltendes Recht zu halten und, wie im Fall Griechenlands, Vergehen seit Jahren zu keinerlei Sanktionen führen, ist jeder weitere Versuch, eine gemeinsame Europäische Asylpolitik zu etablieren, zum Scheitern verurteilt“, betont Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser.
Und Laura Leyser, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich fügt hinzu: „Wir fordern die Europäische Union, die EU-Mitgliedsstaaten und die zuständigen staatlichen Behörden auf, dringend alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um solche Vorfälle zu verhindern und zu unterbinden. Die Gewalt an den EU-Außengrenzen muss ein Ende haben. Menschenleben dürfen nicht zum Spielball der Politik werden.“