Alle reden mit: Sprachbarriere-freie Schule gewinnt Inklusionspreis 2022 für die Steiermark
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Wenn Ada, 11 Jahre, wissen möchte, welches Fach heute noch am Stundenplan steht, wirft er einen Blick auf den großen Planer mit den Symbol-Kärtchen: Werken! Das Symbol mit den Werkzeugen erkennt der Schüler auf einen Blick.
Unterstützte Kommunikation in der Schule
Seit drei Jahren begleitet LIFEtool-Beraterin Carina Bloder die Volksschule Schönau im Grazer Bezirk Jakomini. Hier wird Unterstützte Kommunikation (UK) großgeschrieben: Alle Schüler:innen, ob nichtsprechende Kinder, Kinder mit eigener Lautsprache oder Kinder mit Migrationshintergrund profitieren von der Kommunikation mit Symbolen.
„Wenn Kinder sich ausdrücken und ihre Bedürfnisse mitteilen können, gibt es weniger Anlässe für Missverständnisse oder herausfordernde Verhaltensweisen, wie Aggression zum Beispiel“, erläutert Direktorin Mag. Angela Kaltenböck-Luef.
Was bringt UK den Kindern? „Die Freude in den Gesichtern der Kinder, wenn jeder mit jedem kommunizieren kann und verstanden wird, ist unbezahlbar“, sagt Dipl. Pädagogin Daniela Kolle, die mittlerweile die Beauftragte für Unterstützte Kommunikation an der Schule ist. „Sich ausdrücken zu können ist auch der Schlüssel zum Lernerfolg“, ergänzt Carina Bloder von LIFEtool.
Aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken
Es gibt Stundenpläne und eine Hausordnung mit Symbolen. Es werden Referate oder Zeugnisse mit Symbolen gestaltet. Zudem haben viele ihren eigenen Vorrat an Symbolen: Wenn ein Kind zum Beispiel auf die Toilette muss, zeigt es das entsprechende Kärtchen.
Auffällig sind auch die Farben in der Schule: Ein Farb-Leitsystem hilft den Schüler:innen, sich im Gebäude besser zurecht zu finden. Direktorin Mag. Angelika Kaltenböck-Luef: „Jedes Kind kann sich sofort in der Schule orientieren. Die Schule hat deutlich an Klarheit gewonnen.“
Auch technische Hilfsmittel sind im Einsatz, zum Beispiel iPads mit LIFEtool-Apps zum Lernen oder Apps für die Kommunikation. Für die zeitliche Orientierung gibt es in den Klassen Countdown-Uhren, die eine Zeitdauer visuell veranschaulichen. So weiß jedes Kind: So lange dauert die Pause oder meine Lerneinheit noch.
Beliebt ist auch der Anybook-Reader, der wie ein Stift mit Sprachausgabe funktioniert: Streicht das Kind über ein Symbol mit Sticker-Code, ertönt gleichzeitig das entsprechende Wort dazu. Gedichte Lernen und Ansagen werden allen Kindern leichtgemacht.
Teamwork und Engagement
Carina Bloder begleitet nicht nur die Schüler:innen darin, ihre individuelle Form der Kommunikation zu finden. Sie schult auch das Team der Lehrer:innen und sensibilisiert für die unterschiedlichen Formen der Kommunikation. „Die Volksschule Schönau zeigt durch Teamwork und Engagement vor, wie Inklusion an der Schule machbar ist“. Alle, die an der Schule arbeiten, haben jetzt ihre eigenen Materialien, von der Köchin mit Kärtchen für die Tisch-Kommunikation bis zum Turnlehrer mit mobilen Kommunikationstafeln.
Das Material wird vom Büroteam des Diakoniewerk Steiermark hergestellt: Von Menschen mit Behinderung aus der Arbeit und Assistenz Graz, die mit ihrer Arbeit die Beratungsstelle LIFEtool wesentlich unterstützen.
Was ist Unterstützte Kommunikation?
Menschen, die sich nicht über Lautsprache verständigen können, brauchen Unterstützung bei der Kommunikation und der Entwicklung ihrer kommunikativen Fähigkeiten. Unterstützte Kommunikation arbeitet häufig mit visuellen Zeichen, mit Symbolen oder Fotos, um diesen Menschen einen Zugang zur Sprache - und somit zu Teilhabe und Inklusion - zu verschaffen. Die Beratungsstelle LIFEtool berät und begleitet Menschen mit Behinderung bzw. mit fehlender oder eingeschränkter Lautsprache im Bereich der Unterstützten Kommunikation.
Der VERBUND Empowerment Fund der Diakonie unterstützt die Beratungsstelle LIFEtool Graz mit Basismitteln und die Kinder der VS Schönau aus der Soforthilfe.