Kein Schulplatz für Jugendliche mit Behinderungen
- Kommentar
Für Alex war der längere Schulbesuch am Oberstufenrealgymnasium der Diakonie genau die zusätzliche Zeit, die er gebraucht hat. Er konnte danach den Pflichtschulabschluss positiv absolvieren und hat dann eine Lehre – sogar mit gutem Erfolg - abgeschlossen. Nun arbeitet er am ersten Arbeitsmarkt im Sportbereich.
Die Schulpflicht endet in Österreich nach neun Jahren. Für Schüler:innen ohne Behinderungen gibt es viele Möglichkeiten, auch danach in einer Schule weiter zu lernen. Für Schüler:innen mit Behinderungen sind diese Bildungschancen nach der Pflichtschule jedoch sehr eingeschränkt. Das Problem betrifft Schüler:innen, die zum Beispiel eine Lernschwäche haben und dem Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule folgen. Denn dieser endet nach der neunten Schulstufe. Ohne die Möglichkeiten weiter in der Schule lernen zu können, geht viel Potenzial von Jugendlichen verloren. Oft genug bleiben sie dann zu Hause, verlernen bereits erworbene Kompetenzen, oder kommen in Einrichtungen unter, in denen sie ihre Talente nicht genug ausleben und erweitern können.
Schüler:innen mit kognitiven Behinderungen werden wichtige Bildungschancen verwehrt
In der Praxis bekommen Schüler:innen mit kognitiven Behinderungen zwar ein 10. Schuljahr genehmigt, danach wird es allerdings schwierig. Ein elftes und zwölftes Jahr kann theoretisch angehängt, muss jedoch extra beantragt werden. In Zeiten knapper Ressourcen – Stichwort Lehrermangel – wird hier gespart und die Zusage häufig verweigert.
Schüler:innen mit kognitiven Behinderungen werden damit wichtige Bildungschancen verwehrt. Doch das 11. und 12. Schuljahr macht für die Jugendlichen einen wichtigen Unterschied, da sie in der gewonnenen Zeit für ihre Entwicklung und zum Lernen enorm profitieren könnten. In wenigen Schulen gelingt Inklusion von Jugendlichen mit Lernbehinderungen nach der Pflichtschulzeit, also in der AHS-Oberstufe oder in berufsbildenden Schulen, schon jetzt. Andere Optionen für das Weiterlernen, wie zum Beispiel eine Lehre kommen für diese Jugendlichen direkt nach dem Ende der Pflichtschulzeit oftmals zu früh.
Inklusion ist für alle Schüler:innen gut
Doch leider gibt es die nötigen Ressourcen für Inklusion in der Oberstufe nur in minimalem Ausmaß und in den wenigsten Schulen gelingt das gemeinsame Lernen, da es im Bildungssystem noch immer nicht vorgesehen ist. Möglich ist es stets nur Dank engagierter Lehrkräfte, die wissen, dass Inklusion für alle Schüler:innen gut ist. Eigentlich sollte der Schulbesuch für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen flächendeckend in öffentlichen und privaten Schulen Alltag sein. Denn der Bedarf an Schulbildung auch nach Ende der Pflichtschulzeit ist groß.
Es braucht eine grundlegende Änderung des Bildungssystems
Dafür braucht es eine grundlegende Änderung des Bildungssystems. Es fehlen gesetzliche Grundlagen für den gemeinsamen Unterricht von Schüler:innen mit und ohne Behinderungen in der Sekundarstufe II. Der Österreichische Behindertenrat hat umfangreiche Vorschläge veröffentlicht. Es braucht hier klare und transparente Unterstützung, ausreichend Ressourcen und Qualifizierung für das Personal.
Bernhard hat nach dem Besuch des inklusiven Oberstufenrealgymnasiums vor drei Jahren sogar den Schritt an die Pädagogische Hochschule gewagt und dort den Lehrgang für Freizeitpädagogik abgeschlossen. Mit inklusiven Angeboten wird mittlerweile in Hochschulprogrammen versucht, Barrieren beim lebenslangen Lernen abzubauen.
Es braucht Investitionen, damit Inklusion zum Standard wird
Beispiele wie diese zeigen: Inklusion in und nach der Pflichtschule muss mit ausreichend Mitteln versehen werden, damit junge Menschen Chancen bekommen und ihre Fähigkeiten entfalten können. Es braucht diese Investitionen, damit Inklusion zum Standard wird. Bildung muss uns etwas wert sein. Für jedes Kind.