Ich werde Pflegeassistentin, und das trotz meiner Gehörlosigkeit

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20. März 2025
Patricia Winter erzählt, wie sie es trotz ihrer Gehörlosigkeit und anderer Einschränkungen geschafft hat, ihre Schullaufbahn abzuschließen, und jetzt eine Ausbildung in der Altenpflege zu machen.

„Ich bin Patricia Winter, und mache eine Ausbildung zur Altenpflegerin an der Schule für Sozialbetreuungsberufe des Diakoniewerks in Salzburg. Meine Geschichte zeigt, dass echte Inklusion weit über die physische Zugänglichkeit hinausgeht – und dass wir alle in der Gesellschaft gefragt sind. Mein Weg war steinig und von vielen Herausforderungen geprägt. Aufgrund einer Zytomegalie-Infektion meiner Mutter während der Schwangerschaft kam ich gehörlos zur Welt – zusätzlich hatte ich mit Sehproblemen und Nervenschädigungen zu kämpfen. 

Während andere Kinder ganz natürlich Laufen, Sprechen und Hören lernten, musste ich mir all diese Fähigkeiten mit enormem Einsatz mühsam erarbeiten.

Sich nicht unterkriegen lassen, Herausforderungen meistern, Erfolge feiern

Ich ließ mich nicht unterkriegen. Mit der Unterstützung meiner Familie, intensiver therapeutischer Begleitung und meinem unerschütterlichen Willen habe ich mir meinen Platz in der Gesellschaft hart erarbeitet.

Ich besuchte eine Regelschule, absolvierte eine Ausbildung in der Denkmalschutzpflege und entdeckte 2014 meine Leidenschaft für die Altenpflege. Schon damals wusste ich: „Ich wünsche mir später einmal eine professionelle Pflege – und diese Arbeit liegt mir so sehr, dass ich mir gar nichts anderes mehr vorstellen kann.“

Ich hatte bereits Erfahrung als Heimhelferin

Heute absolviere ich an der Schule für Sozialbetreuungsberufe des Diakoniewerks in Salzburg die Ausbildung zur Fachsozialbetreuerin mit Pflegeassistenz und dem Schwerpunkt Altenarbeit. Zuvor sammelte ich wertvolle Erfahrungen als Heimhelferin in einem Seniorenheim. Dank zweier Cochlea-Implantate, die mir zahlreiche Geräusche zugänglich machen, und mit meinem Assistenzhund Bella an meiner Seite führe ich heute ein selbstständiges Leben in Altenmarkt im Pongau.

Gesellschaftliche Hürden – oft größer als physische Barrieren

Neben den physischen Herausforderungen musste ich mein Leben lang aber auch gesellschaftliche Hürden überwinden. Oft fühlte ich mich als Außenseiterin, weil ich nicht hören und sprechen konnte wie die anderen. Besonders in meiner Schulzeit erlebte ich soziale Ausgrenzung. Zwar erhielt ich fachliche Unterstützung durch eine Lernbegleiterin und speziell angepasste Unterrichtsmaterialien, doch echte Inklusion blieb lange Zeit aus.

Seit ich in der Ausbildung zur Pflegeassistentin bin, geht es mir vor allem sozial besser
An der Schule des Diakoniewerks hat sich das geändert. Hier fühle ich mich voll integriert. „Nach den Ferien habe ich mich richtig gefreut, alle wiederzusehen“, kann ich ehrlich sagen.
 

Bereits zu Beginn meiner Ausbildung sprach ich offen über meine Situation und erklärte, welche Unterstützung ich benötige – etwa Ruhe im Unterricht, um den Lehrkräften besser folgen zu können. Anfangs lief nicht alles reibungslos, doch meine Mitschüler:innen entwickelten zunehmend Verständnis und Rücksichtnahme.

Inklusion beginnt mit Bewusstsein und Aufklärung

Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass nicht alle Menschen mit Behinderungen es schaffen, die notwendige Aufklärungsarbeit für echte soziale Inklusion selbst zu leisten. Rückblickend hätte ich mir früher mehr Aufklärung gewünscht – und das wünsche ich mir auch heute noch.

Wichtig ist, dass schon Kinder frühzeitig den Umgang mit Menschen mit Behinderungen lernen

Ich appelliere an Schulen und Gemeinden, Kinder und Jugendliche frühzeitig für den Umgang mit Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren und ihnen zu zeigen, wie ein offenes, gleichberechtigtes Miteinander aussehen kann. Jeder Mensch mit Behinderung ist einzigartig und so sollte auch unsere Gesellschaft denken und handeln. Nur wenn Inklusion von Klein auf gelebt wird, können tief verwurzelte soziale Barrieren überwunden werden.

Das Küchenteam.
© Diakonie

Arbeit & Behinderung: Inklusiver Arbeitsmarkt

Jeder Mensch – mit Behinderungen oder ohne – hat das Recht auf Arbeit. Für Menschen mit Behinderungen ist das Recht auf Arbeit in der Behindertenrechtskonvention festgeschrieben (Artikel 27). Arbeiten zu können, sollte für Menschen mit Behinderungen selbstverständlich sein. Leider ist der Arbeitsmarkt in Österreich aber noch nicht inklusiv.

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Ihre Ansprechperson zu dieser Story

Dr.in Roberta Rastl-Kircher
Pressesprecherin & Medienarbeit