Hospiz: Begleiter:innen am Ende des Weges

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01. November 2024
Tod, Abschiednehmen und Trauer werden in unserem Alltag gerne verdrängt. Dennoch gibt es Menschen, die sich bewusst für einen Beruf oder auch eine ehrenamtliche Tätigkeit entscheiden, wo die Begleitung von Sterbenden zum Alltag gehört.

Für viele von uns ist der Tod etwas, dem wir nur selten begegnen, doch für manche Menschen ist er allgegenwärtig. Denn da gibt es Menschen, die sich unabhängig von ihrer Berufswahl ganz bewusst für die Begleitung von sterbenden Menschen und deren Angehörigen entscheiden. Zum Beispiel ehrenamtliche Mitarbeiter:innen der Hospizbewegung, wie Claudia Maier. Die zweifache Mutter hat sich einige Jahre nach ihrer eigenen Krebsdiagnose für die Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizbegleiterin bei der Diakonie de La Tour entschieden. „Die beste und für mich wertvollste Ausbildung, die ich in meinem Leben je gemacht habe“, sagt sie rückblickend. Heute begleitet Claudia Maier unter anderem Patient:innen auf der Palliativstation eines Krankenhauses. 

Menschen auf dem letzten Abschnitt ihrer Lebensreise sind fokussiert auf das Wesentliche. Da geht es um die Angehörigen, vielleicht um nicht erledigte Dinge, um Glauben – nicht darum, welches Auto vor der Tür steht. Das gibt mir auch so viel zurück, weil es ehrlich ist. Es ist einfach ein Privileg, diese Tätigkeit machen zu dürfen.

Claudia Maier, ehrenamtliche Hospizbegleiterin

Wenn Abschiednehmen zum Berufsalltag gehört

Besonders für Menschen in Gesundheits- und Pflegeberufen gehört der Umgang mit Sterben und Trauer zum Berufsalltag. In Krankenhäusern, Pflegeheimen oder in der mobilen Pflege begleiten sie täglich Menschen in ihrer letzten Lebensphase und stehen dabei oft nicht nur den Sterbenden, sondern auch deren Angehörigen zur Seite. 
Abschied und Trauer zum Alltag zu machen, bedeutet für sie, die Grenze zwischen Nähe und Distanz zu wahren, denn je länger sie ihnen anvertraute Menschen betreuen, desto enger wird die persönliche Beziehung. Eine emotionale Nähe, die dazu führt, dass sie Trauer nicht nur von außen miterleben, sondern auch selbst verarbeiten müssen.

Gabriele Eichenberger arbeitet seit vielen Jahren als Pflegeassistentin im Haus Maria Gail, einem Altenwohn- und Pflegeheim der Diakonie de La Tour in Villach. Sie pflegt und betreut dort die Bewohner:innen, manche bis zu deren letztem Atemzug. Und jedes Mal ist es ein ganz individuelles und würdevolles Abschiednehmen für sie, ganz unabhängig von der jahrelangen Routine. Wie sie selbst diese Erfahrungen verarbeitet? „Das macht natürlich etwas mit einem, auch nach so vielen Jahren im Job“ erzählt sie. „Ich brauche da sehr wohl für mich einen Abschluss, indem ich beispielsweise bei der Aussegnung dabei bin, die bei uns im Haus stattfindet oder zur Verabschiedung der Person gehe. Schaffe ich das aus Zeitgründen nicht, habe ich für mich ein persönliches Ritual, um mit dem Tod einer Bewohnerin oder eines Bewohners abzuschließen.“

Mir ist es sehr wichtig, dass Menschen, die in der letzten Phase ihres Lebens sind, das Gefühl haben, es ist jemand da und kümmert sich um sie und ihre Wünsche. Als Pflegekraft kenne ich die Bewohner:innen ja oft schon sehr lange und ich weiß, worauf sie zu Lebzeiten auch immer großen Wert gelegt haben.

Gabriele Eichenberger, Pflegeassistentin Haus Maria Gail

Für eine würdevolle Begleitung bis zuletzt

Eine würdevolle Begleitung bis zuletzt hat sich auch Palliativmediziner Dr. Peter Schuh zur Aufgabe gemacht. Und wie er sagt, seine Berufung darin gefunden. „Der Palliativansatz* war für mich in meinem Tun als Arzt einfach ein ganz wichtiger, denn Menschen, die am Ende ihres Lebens stehen, verlieren oft die Hoffnung. Da muss man einfach helfen“ erklärt Dr. Schuh, der als Facharzt für Anästhesiologie im Jahr 2000 in die Palliativmedizin wechselte und 13 Jahre das Mobile Palliativteam in Oberwart geleitet hat. „In diesem Beruf sind Empathie und Mitgefühl genauso wichtig wie eine gewisse Abgrenzung. Denn wenn man zu sehr mitleidet, ist man oft nicht in der Lage, eine gute und individuelle Lösung für jeden einzelnen Menschen zu finden – und schließlich auch mit seinem eigenen Leben noch zurecht zu kommen.“
Dennoch seien ihm in seiner Laufbahn viele Fälle sehr nahe gegangen. Der Austausch im multiprofessionellen Team habe ihm immer geholfen, das Erlebte gut zu verarbeiten.

Seine Erfahrungen als Haus- und Vertrauensarzt im Diakoniezentrum, einem Pflegeheim der Diakonie in Oberwart, hat Dr. Peter Schuh schließlich federführend in die Entwicklung des Vorsorgedialogs eingebracht, der inzwischen in vielen Pflegeheimen Österreichs umgesetzt wird und dabei helfen soll, Menschen ein gutes Leben und würdevolles, ihren Wünschen entsprechendes Sterben zu ermöglichen.

*Palliativmedizin ist die ganzheitliche, multiprofessionelle Behandlung und Betreuung von Menschen mit unheilbaren Erkrankungen. Ziel der Palliativmedizin ist die bestmögliche Lebensqualität der Patient:innen zu fördern.

Ich habe in meiner Zeit als ärztlicher Leiter viele Menschen beim Sterben begleitet, und jede Situation war immer so individuell wie der Mensch selbst. Wenn man die Begleitung aber so gestalten kann, dass es für die sterbende Person und ihre Angehörigen gut ist, dann geht man gestärkt aus dieser Situation hinaus.

Dr. Peter Schuh, Palliativmediziner und ehemaliger Leiter des Mobilen Palliativteams Oberwart

Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizbegleitung

In der Hospizbegleitung geht es darum, schwerstkranke Menschen in der letzten Lebensphase sowie deren An- und Zugehörige bestmöglich zu unterstützen und zu begleiten. Der Hospiz-Grundkurs richtet sich an Menschen, die an einer ehrenamtlichen Mitarbeit als Hospizbegleiter:in interessiert sind, oder sich beruflich und privat mit Menschen in der letzten Lebensphase befassen. 
Zwei bis drei Mal im Jahr findet ein 82 Stunden umfassender Hospiz-Grundkurs statt. Wer an dem Kurs teilnimmt und ein 40-stündiges Praktikum macht, kann als ehrenamtliche:r Hospizbegleiter:in Menschen in ihrer letzten Lebensphase sowie deren Angehörige begleiten. Der Kurs eignet sich aber auch für Menschen, die zu Hause pflegebedürftige Angehörige betreuen oder sich mit dem Thema Tod und Trauer auseinandersetzen wollen. 

Mehr Informationen zu Angebot und Ausbildung der Hospizbewegung

Die Diakonie bietet zudem für Interessierte auch Kurse zum Thema "Letzte Hilfe - was alle angeht, müssen alle angehen". Informationen zu den Angeboten in Linz: Diakonie Akademie | Letzte Hilfe Kurs und in Feldkirchen/Kärnten: Letzte Hilfe Kurs - Weil der Tod ein Thema ist - Akademie de La Tour 

Hospizkultur in der Langzeitpflege

Initiative wie HPCPH (Hospiz und Palliativ Care in Alten- und Pflegeheimen sowie der mobilen Pflege) und der Vorsorgedialog stehen dafür, Wissen und eine Grundhaltung zu einer guten Hospizkultur in Pflegeeinrichtungen zu schaffen. HPCPH basiert auf einem dreijährigen Organisationsentwicklungsprozess, zu dem die Fortbildung der Pflegekräfte und die Integration von Abläufen im Sinne der Hospizkultur zählen. Ziel ist es, die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner:innen zu einem guten Leben und würdevollen Sterben bestmöglich zu erfüllen.

Ziel des Vorsorgedialogs ist es, das Selbstbestimmungsrecht von Bewohner:innen in Pflegeeinrichtungen zu stärken und anhand ihrer Wünsche eine Orientierungshilfe zu schaffen für Krisensituationen und später das Sterben. Die Einbeziehung aller Berufsgruppen in der Betreuung sowie der Angehörigen ist sowohl bei HPCPH als auch beim Vorsorgedialog ein zentraler Aspekt.

Mehr zu HPCPH in Einrichtungen der Diakonie

Ihre Ansprechperson zu dieser Story

Mag.a Petra Rösler
Sozialexpertin Alter & Pflege und Nachhaltigkeit