Wissenswertes zur Pflegegeld-Klage

  • Analyse
01. August 2024
Auf die Begutachtung für eine Pflegegeld-Einstufung folgt oft Enttäuschung durch Ablehnung oder vermeintlich zu geringe Zuerkennung. Aber guter Rat ist nicht teuer – denn die Klage gegen den Bescheid ist kostenlos und wird gut unterstützt. Tipps und Informationen zu einem Einspruch.

Das Pflegegeld ist eine zentrale Unterstützung für Menschen, die im Alltag Hilfe von Angehörigen oder professionelle Dienstleistungen benötigen. Die passende Einstufung dieses Bedarfs ist aber nicht immer im ersten Schritt nach der Begutachtung gesichert. Wenn Sie überzeugt sind, dass das Ergebnis im Bescheid nicht passend ist, können Sie Klage erheben. Danach wird das gesamte Verfahren neu durchgeführt – ohne Kosten oder Risiko für Sie. Die Hälfte aller Klagen endet auch mit einer höheren Einstufung. (Bei allen anderen Klagen bleibt sie gleich, eine Verringerung ist nicht möglich). Wir haben für Sie die wichtigsten Fakten zusammengestellt.

Anspruch auf Pflegegeld hat, wer für voraussichtlich mindestens sechs Monate einen Pflegebedarf von mindestens 65 Stunden pro Monat hat. Das Pflegegeld ist eine zentrale Unterstützungsleistung für solche Situationen. Doch falsche Informationen und Zugangsschwellen halten sich hartnäckig und erschweren den Zugang zum Pflegegeld. Dieser Beitrag hilft Ihnen am Weg dorthin.

Wissenswertes zum Thema Pflegegeld

Wer entscheidet über das Pflegegeld?

Die Begutachtung wird von Ärzten/Ärztinnen oder Pflegefachkräften durchgeführt. Dabei sind jedenfalls auch Personen zu hören, die in die Betreuung und Pflege eingebunden sind. Manchmal ist es aber aus terminlichen Gründen nicht möglich, dass Angehörige vor Ort sind und ihre Sichtweise einbringen. So fehlen womöglich wichtige Informationen – und das Gutachten fällt sozusagen „einseitig“ aus. Auf Basis des Gutachtens entscheidet die Pensionsversicherung über die Zuerkennung einer Pflegegeld-Stufe, sie kann die Sachverhalte aber selbst beurteilen und ist nicht an die Einschätzung der Gutachtenden gebunden. Diese Entscheidung wird mittels Bescheid per Post bekannt gegeben.

Was kostet das Verfahren?

Vorweg: Alle Kosten trägt der Staat. Wenn kein oder vermeintlich zu wenig Pflegegeld zuerkannt wird, kann innerhalb von 3 Monaten Klage gegen den Bescheid eingebracht werden. Viele Menschen schrecken vor dem Weg zum Gericht zurück – aber das ist nicht nötig. Für das Verfahren und Sachverständige trägt der Bund die Kosten, es braucht keine Anwälte und eine Verschlechterung der Situation ist ausgeschlossen. Außerdem wird man vom Gericht gut durch das Verfahren begleitet. Die Klage kann ganz formlos erfolgen, dafür ist weder ein Formular noch eine Begründung notwendig. Eingebracht wird das unterzeichnete Schreiben beim Landesgericht (in Wien beim Arbeits- und Sozialgericht) oder beim Sozialversicherungsträger, der den Bescheid ausgestellt hat. Sogar eine mündliche Bekanntgabe am Amtstag Ihres Bezirksgerichts ist möglich.

Vor Gericht – wer unterstützt mich da?

Mit der Klage wird das ganze Verfahren neu gestartet. Wieder findet eine Begutachtung zuhause oder in der Ordination statt. Hier kann man angeben, welche Informationen beim ersten Verfahren vielleicht nicht ausreichend berücksichtigt wurden, man kann zusätzliche Befunde oder Aufzeichnungen vorlegen, z.B. für einen Erschwerniszuschlag bei Menschen mit Demenz.

Danach kommt es zu einer mündlichen Verhandlung. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten der Vertretung und Unterstützung. Die Person, die Pflegegeld beantragt, kann durch Angehörige vertreten werden. Es gibt aber auch zahlreiche Organisationen, die hier kostenlose Rechtsvertretung anbieten: Die Arbeiterkammer, die Gewerkschaft, die Wirtschaftskammer, Behindertenverbände etwa. Man kann also hier auf Fachleute ohne Zusatzkosten zurückgreifen. Übrigens kann man verlangen, dass die gutachtende Person vor Gericht erscheint und aussagt.

Muss ich bei einer Klage länger auf das Geld warten oder wird es am Ende weniger geben?

Beide dieser Fragen sind mit NEIN zu beantworten. Während des Verfahrens wird jedenfalls schon der zuerkannte Betrag ausbezahlt. Und eine Verschlechterung gegenüber dem Erstbescheid darf es nicht geben.

Wenn ich klage, gibt es ein Jahr lang keine Erhöhung

Das stimmt nur teilweise.

Während des laufenden Verfahrens kann kein neuer Antrag gestellt werden, auch wenn sich die Situation verschlechtert. ABER: Wenn sich die Situation schon verschlechtert hat, wird dies ja bei der erneuten Begutachtung schon berücksichtigt, ein neuer Antrag wäre also gar nicht nötig.

Nach dem Verfahren gibt es ein Jahr Sperrfrist für neue Anträge, aber NICHT, wenn man (durch Befund etwa) eine „wesentliche gesundheitliche Veränderung“ bescheinigen kann. Und auch nicht, wenn man selbst die Klage zurückzieht (s.u.)

Wie gehen die Verfahren aus?

Bei der mündlichen Verhandlung wird von einem Sachverständigen ein neues Gutachten präsentiert. Stimmt die Sozialversicherung dem gleich zu, kommt es zu einem Vergleich. Die klagende Partei kann auch die Klage zurückziehen, wenn sie das Gutachten akzeptiert. Sonst entscheidet das Gericht mit Urteil. Gegen dieses kann dann vor dem Oberlandesgericht vorgegangen werden. Aktuell (2023) beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer ein halbes Jahr.

Mehr Informationen: https://pflege.gv.at/pflegegeldklage

 

Autor:innen